218 Die Polizeiverwallung. z 85
des Art. 23 der preußisch-hessischen Militärkonvention im einzelnen nach der Bek. vom 24. Juni
1901 (RBl. S. 387), die Disziplinarverhältnisse nach dem Gesetze vom 27. August 1902 (JIl.
S. 435) und der Ausf. VO. vom 22. Juli 1903 (RBl. S. 303). Sämtliche Angehörigen des
Gendarmeriekorps (Offiziere und Mannschaften) gehören zum Soldatenstande 1).
An der Spitze des Korps steht ein Stabsoffizier mit dem Range eines Regiments-
kommandeurs und mit dem Titel „Kommandeur des Großherzoglichen Gendarmeriekorps“.
Das Korps ist in drei, nach den Provinzen benannte Gendarmeriedistrikte geteilt,
deren jeder von einem Stabsoffizier oder Rittmeister mit dem Titel „Distriktskommandeur“
kommandiert wird. Der Gendarmeriedistrikt zerfällt in Sektionen, deren Grenzen mit
den Kreisgrenzen übereinstimmen; die Sektionen sind in Stationen eingeteilt. An der
Spitze jeder Sektion steht ein Kreisoberwachtmeister, an der Spitze jeder Station in der Regel
ein Wachtmeister (§5 3, 4). Die Gendarmerieoffiziere werden vom Großherzog aus der Zahl
der hessischen Division 2), die Mannschaften von dem Kommandeur der Gendarmeriekorps, und
zwar in der Regel aus der Zahl der Unteroffiziere dieser Division ernannt (§§ 5, 6).
c) Die Sicherheitswache. Sie dient zufolge Gesetzes vom 21. Februar 1824
(RBl. S. 30) zur Unterstützung der allgemeinen Landes-, sowie der Ortspolizei und besteht
aus allen Ortsbürgern von 26 bis 48 Jahren, ausgenommen Standesherrn, Militärpersonen,
Geistliche, Schullehrer und gebrechliche oder im Gemeindedienst stehende Personen. Sie wird
von der Gemeinde bewaffnet und hat, ohne Anspruch auf Entgelt, die Befehle der Ortspolizei-
behörde auf deren eigene Verantwortung, „ohne sie einer Beratung unterziehen zu dürfen“,
bei Vermeidung von Geld= oder Arreststrafe zu vollziehen.
d) Die Feldschützen. Sie werden auf Beschluß der Gemeindevertretung durch
den Bürgermeister angestellt. Ihre Ernennung bedarf aber in den Landgemeinden der Ge-
nehmigung des Kreisrats und wird sowohl in den Land= wie in den Stadtgemeinden erst gültig,
wenn der Kreisrat den Vorgeschlagenen verpflichtet hat (LGO. 1217, 140; St O. 121 7, 142).
Der Feldschütze ist unmittelbar der Ortspolizeibehörde, mittelbar dem Kreisrat untergeordnet
und hat in erster Linie den Feldschutz zu handhaben. Seine Pflichten sind im einzelnen durch
die vom Ministerium des Innern und der Justiz erlassene Instruktion vom 10. Februar 1842
(RBl. S. 117) geregelt; diese Instruktion ist indessen in vielen Richtungen durch neuere Gesetze,
namentlich die Feld- und Forststrafgesetzgebung überholt und entbehrt, soweit sie dem Feld-
schützen die Befugnis zu Eingriffen in Freiheit und Eigentum gewährt, zum Teil der recht-
lichen Grundlage 2).
9. Das Militär hat zufolge Gesetz vom 27. November 1872 (RBl. S. 430) seine
Mitwirkung zur Aufrechterhaltung der bürgerlichen Ordnung regelmäßig nur auf voraus-
gegangene „Requisition“ einer Zivilbehörde eintreten zu lassen 4); nur bei Gefahr auf Verzug
ist es zu selbständigem Einschreiten befugt. Die Art und Weise des militärischen Vorgehens,
namentlich der Waffenanwendung, bestimmt in jedem Falle der militärische Befehlshaber,
jedoch sind die Voraussetzungen zum Gebrauch der Waffen (Abwehr eines Angriffs, Uber-
wältigung des Widerstands, Erzwingung des schuldigen Gehorsams, Vereitelung der Flucht,
Schutz anvertrauter Personen und Sachen, Unzulänglichkeit sonstiger Mittel, Erfüllung be-
stimmter Formalien, wie dreimalige Aufforderung zum Auseinandergehen bei Zerstreuung
von Volksaufläufen) durch das Gesetz genau geregelt 5).
Besondere Regeln gelten zufolge einer zwischen dem Großherzoglichen Staatsministerium
und dem Generalkommando des 18. Armeekorps in Frankfurt a. M. getroffenen Vereinbarung
1) Siehe die vorbez. Dienstinstruktion §& 1.
2) Siehe die zur Ausführung des Art. 23 der preuß.--hess. Militärkonvention abgeschlossene
Vereinbarung über die militärischen Dienstverhältnisse des Großh. Gendarmeriekorps, bekannt-
gemacht unterm 5. IV. 1872, RBl. S. 115, § 12. Vgl. bierater Werner, Die militärstaatsrechtl.
Stellung des Großherzogs von Hessen, Gießener Diss. 1910, S. 76 f.
3) Bezüglich der Festnahme von Frevlern f. 8 12. Z
4) Bezüglich des Untersch-des zwischen „Requisition“ und „Verwendung" des Militärs
s. unten & 116 und die dort angegebene Literatur.
5) Vgl. Fritz van Calker, Das Recht des Militärs zum administrativen Waffengebrauch,
München 1887.