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befinden 1). Die Beschlußfassung erfolgt regelmäßig durch Mehrheitsbeschluß mit Stimm-
entscheid des Vorsitzenden; falls die Stimmenmehrheit sich gegen die Ansicht des Vorsitzenden.
ausspricht, hat dieser die Entschließung des vorgesetzten Ministeriums einzuholen 2). Bezüg-
lich des ärztlichen, des veterinärärztlichen und des pharmazeutischen Zentralausschusses siehe
unter Ziff. 3.
Die Tätigkeit der Abteilung für Gesundheitspflege besteht teils in der Erstattung von
Gutachten und Vorträgen im Ministerium des Innern, teils in der unmittelbaren Erledigung
der ihr ausdrücklich übertragenen Angelegenheiten 3).
2. Für jeden Kreis besteht ein staatliches Kreisgesundheitsamt unter Leitung
eines staatlich angestellten Kreisarztes, dem je nach Bedürfnis Kreisassistenz-
ärzte zugeteilt werden. Mittelbar dienen den Zwecken der Gesundheitspflege auch die
unten zu besprechenden Kreisveterinärämter und deren Hilfskräfte. Die Zu-
lassung zum Staatsdienst im Medizinalfache setzt das Bestehen einer besonderen Fachprüfung
voraus 4). Die Kreisärzte 5) sind Staatsbeamte und unterstehen in dienstaufsichtlicher und
disziplinärer Beziehung unmittelbar der Abteilung für Gesundheitspflege, durch deren Ver-
mittlung ihnen regelmäßig die Anordnungen der obersten Sanitätsbehörde zugehen. Gegen-
über den Kreisämtern haben die Kreisärzte die Stellung von nebengeordneten „technischen
Beiräten“ mit der Aufgabe, „unter der Leitung“ der mehrgenannten Ministerialabteilung
bei der Fürsorge für die gesundheitlichen Interessen ihres Bezirks mitzuwirken, gemeinschaft-
lich mit den Polizeibehörden des Kreises die Durchführung der sanitätspolizeilichen Anordnungen
zu überwachen und zu diesem Zwecke insbesondere den von den Kreisämtern an sie ergehenden
Requisitionen Folge zu leisten. Außerdem fungieren die Kreisärzte als erste Gerichtsärzte 8).
Die Kreisärzte in den Provinzialhauptstädten sind zugleich auch den Provinzialdirektionen
und Provinzialvertretungen als Beiräte in Sachen der öffentlichen Gesundheitspflege bei-
geordnet. Gegenüber dem „approbierten Heilpersonal“, das sind nach der Ausdrucksweise
der Kreisarztsinstruktion die praktischen Arzte, Tierärzte und Zahnärzte,
und ähnlich gegenüber den Apothekern, hat der Kreisarzt nicht die Eigenschaft einer
vorgesetzten Behörde, sondern nur die eines vermittelnden Organs, dessen sich die Verwaltungs-
behörden in Angelegenheiten der Gesundheitspflege in der Regel bedienen. Gegenüber
solchen Personen, welche, ohne hierzu approbiert zu sein, sich mit der
Behandlung kranker Menschen und Tiere befassen, sowie gegenüber dem niederen
Sanitätspersonal haben die Kreisärzte dagegen gewisse aufsichtliche Funktionen
wahrzunehmen?).
In einzelnen Kreisen und größeren Städten sind als Beirat für die zuständigen Be-
hörden Kreis= bzw. Ortsgesundheitsräte eingerichtet 3).
3. Für die Vorberatung bestimmter Angelegenheiten der allgemeinen Gesundheits-
verwaltung von allgemeinem Interesse dienen die aus den Mitgliedern der Medizinalabteilung
und aus anderen Sachverständigen gebildeten Zentralausschüsse, nämlich der
ärztliche, der veterinärärztliche und der pharmazeutische Zentral-
ausschuß. Diese Ausschüsse, welchen neben den von der Regierung bezeichneten Mitgliedern
insbesondere auch gewählte Abgeordnete der ärztlichen Kreisvereine, der veterinärärztlichen
und der pharmazeutischen Provinzialvereine angehören, werden vom Ministerium des Innern
nach Bedarf, der ärztliche Zentralausschuß jährlich mindestens einmal, zusammenberufen.
1) Siehe Org BO. v. 28. XII. 1876/ 5. XII. 1903 (RBl. S. 373). — Zu den oben ge-
nannten, im Hauptamte angestellten technischen Räten kommt seit dem Jahre 1909 ein psychiatrischer,
im Nebenamt angestellter Hilfsarbeiter.
2) Siehe Anm. 2.
3) BVO. v. 28. XII. 1876 §I § 4—7.
4) Vgl. Allerh. V O. v. 29. XII. 1883 RBl. 1884 S. 1, i. d. F. v. 4. I. 1911, RBl. S. 1.
5) Siehe Dienstinstruktion v. 14. VII. 1884.
6) Siehe auch Min Bek. über die Gebühren für gerichtsärztliche Verrichtungen der Medizinal-
beamten v. 5. XI. 1879, RBl. S. 251, i. d. F. d. M. v. 28. XlI. 1910, RBl. S. 251.
7) Kreisarztinstruktion v. 14. Juli 1884 FF. 1, 2, 3, 5, 7, 12—17.
8) Siehe Rapmund, Art. Gesundheitswesen i. WB. II S. 329.
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