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insoweit als die entsprechenden Stellen in Preußen die Bezeichnung als „Königlich Preußische“
führen (Art. 13). Die Ernennung des Präsidenten der Eisenbahndirektion in Mainz erfolgt
durch Preußen. Im übrigen ist eine dem hessischen Eisenbahnbesitz entsprechende Anzahl im
Vertrage näher bezeichneter Stellen mit hessischen Beamten zu besetzen; die Annahme, Er-
nennung und Pensionierung dieser Beamten und des sonstigen Dienstpersonals bleibt jedoch
im wesentlichen der Gemeinschaftsverwaltung vorbehalten. Die Ernennung der höheren
hessischen Eisenbahnbeamten mit dem ihrer amtlichen Stellung entsprechenden Rang und
Titel steht der hessischen Regierung nach vorherigem Benehmen mit der preußischen Regierung
zu, wogegen die Verleihung der Stellen in der Gemeinschaftsverwaltung mit dem damit ver-
bundenen Gehalt durch die zuständige Behörde der Gemeinschaftsverwaltung erfolgt. Eine
staatsrechtliche Besonderheit ist, daß die in der Gemeinschaftsverwaltung zur Anstellung ge-
langenden hessischen Beamten die Berechtigung erlangen, nach Dienstalter und Qualifikation
ebenso wie die preußischen Beamten innerhalb des ganzen Gemeinschaftsgebietes aufzurücken,
ohne ihre Eigenschaft als hessische Staatsbeamte zu verlieren (Art. 14, 15). — Die oberste,
in Eisenbahnangelegenheiten zuständige hessische Behörde ist das Großh. Ministerium
der Finanzen. Innerhalb dieses Ministeriums besteht eine besondere „Ministerial-
abteilung für Finanzwirtschaft und Eisenbahnwesen“, welche die
Aufgabe hat, die Entschließungen des M. d. F. in Eisenbahnsachen vorzubereiten und aus-
zuführen 1).
Was die rechtliche Stellung der hessischen Eisenbahnbeamten
anlangt, so bestimmt sich dieselbe teils nach dem vorgenannten Staatsvertrag, teils nach der
einschlägigen hessischen Landesgesetzgebung. Die Bestimmungen des Gemeinschaftsvertrages
beziehen sich namentlich auf die Annahme, Ernennung und Pensionierung der Beamten und
des sonstigen Dienstpersonals der Betriebsgemeinschaft, auf die Ausscheidung und Besetzung
des hessischen Stellenanteils und speziell der sog. Beförderungsstellen, ferner auf die Er-
nennung, Vereidigung, Versetzung, Besoldung, Pensionierung, Hinterbliebenenversorgung,
Disziplinarverhältnisse und Uniformierung der hessischen Beamten. Im Einklang mit dem
Gemeinschaftsvertrag und mit den bezüglichen Bestimmungen der preußischen Gesetze erfolgte
die nähere Regelung der einschlägigen Rechtsverhältnisse durch das Landesgesetz, die Ruhe-
gehaltsverhältnisse und die Versorgung der Hinterbliebenen der im hessisch-preußischen Ge-
meinschaftsdienst angestellten Staatseisenbahnbeamten betreffend, vom 26. März 1897 (Nl.
S. 25), in der durch die Gesetze vom 21. April 1898 (RBl. S. 245), vom 26. April 1904
(RBl. S. 121), vom 14. Mai 1908 (RBl. S. 109), und vom 29. Dezember 1909 (RBl. 1910
S. 1) herbeigeführten Fassung.
4. Die Hoheitsrechte des hess. Staates (z. B. die Landespolizei) bleiben bezüg-
lich der auf hessischem Gebiete belegenen Bahnen insoweit unberührt, als nicht einzelne dieser
Rechte ausdrücklich der Gemeinschaftsverwaltung übertragen sind. Letzteres ist namentlich
geschehen hinsichtlich der Bahnpolizei und der Aufsicht über den Bau und Betrieb der Ge-
meinschaftsbahnen und bezüglich der Ausübung der durch diec einschlägigen reichsrechtlichen
Bestimmungen der Landesaussichtsbehörde vorbehaltenen Rechte (Art. 17) 2). Bei wichtigeren,
das hessische Gebiet berührenden Tarifänderungen und bei Feststellung der Fahr-
pläne für die hessischen Strecken ist auf die Wünsche der hessischen Regierung tunlichst Rück-
sicht zu nehmen. Eine Verminderung der bestehenden Personenzüge und Schnellzugsstationen
soll nicht ohne Zustimmung der hessischen Regierung vorgenommen werden (Art. 18).
II. Auf Grund eines hessisch-preußisch-badischen Staatsvertrags vom 14. Dezember
1901 3) wird seit dem 1. Oktober 1902 die Main= Neckar-Bahn durch die Eisenbahn-
direktion in Mainz unter Oberaussicht der Zentralstelle der preußisch-hessischen Eisenbahn-
1) BO. vom 30. UV. 1900.
2) Bezüglich der Zuständigkeiten der hess. Zentralbehörde s. im einzelnen LV. II 1893/96
Beil B. 4, Anlage z. Nr. 561, . 3.
3) RBl. 1902 S. 507. Bezüglich der einschlägigen Landtagsverhandlungen s. LV. II 1900 /3
Drucks. B. V Nr. 742, VI 874; Prot. B. IV Nr. 106, 107, 108, 110. — S. auch die Bestimmungen
des hessisch-preußischen Gemeinschaftsvertrags von 1896, Art. 6 u. 7.