Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

8 99 Post- und Telegraphenwesen. 257 
  
  
Taxis, die im Jahre 1615 vom Deutschen Kaiser mit dem Postregal belehnt worden war, 
einige Postkurse, worüber in den Jahren 1744 und 1804 nähere Vereinbarungen getroffen 
wurden. Im Jahre 1807 wurde das gesamte Postwesen in Hessen in erblicher Weise an den 
Fürsten von Thurn und Taxis übertragen; dabei blieben jedoch die Posthoheit und nament- 
lich die Aufsicht über die Post dem Landesherrn vorbehalten; die landesherrlichen Aufsichts- 
befugnisse wurden durch die Großh. Ober-Post-Inspektion in Darmstadt und 
in den einzelnen Provinzen durch Postdeputierte ausgeübt (Postlehnsverträge vom 
28. VI. 1807 und 31. III. 1818) 7). 
Am 1. Juli 1867 ging das gesamte Postwesen Hessens auf Grund der zwischen Preußen 
und dem Fürsten von Thurn und Taxis und zwischen Hessen und Preußen geschlossenen Ver- 
träge vom 28. Januar 18672), 3. September 1866 (Friedensvertrag Art. 10, Schlußprotokoll 
3§ 6) 2) und 19. Juli 1867 4) auf Preußen über. Ebenso wurde dem Königreich Preußen das 
Recht zur unbeschränkten Anlegung und Benutzung von Telegraphenlinien und Telegraphen- 
stationen in Hessen eingeräumt 5). Bezüglich des künftigen Geschäftsgangs hinsichtlich der 
Postverwaltungsangelegenheiten wurde vereinbart), daß bei wichtigeren Gegenständen 
unbeschadet einer etwaigen diplomatischen Behandlung geeigneter Fälle eine direkte Kom- 
munikation zwischen dem hessischen Ministerium des Großherzogl. Hauses und des Außern 
und dem preußischen Ministerium für Handel usw. stattfinden solle. Zur Behandlung der 
minderwichtigen Gegenstände, namentlich auch der lokalen Angelegenheiten, wurde eine 
„Großherzogliche Kommission für Postangelegenheiten“ mit dem 
Amtssitze in Darmstadt geschaffen, die zu diesem Zwecke mit der Königl. Oberpost-Direktion 
in Darmstadt in geschäftlichen Verkehr zu treten hatte. Gleichzeitig wurde die bisherige Ein- 
richtung der Großherzogl. Oberpost-Inspektion und der Postdeputierten abgeschafft. Am 
1. Januar 1868 trat in Gemäßheit des Art. 40 Abs. 1 und Art. 50 der Norddeutschen Bundes- 
verfassung und Art. 1 ff. des preußisch-hessischen Vertrags vom 27./29. August 18677) be- 
züglich des gesamten Post= und Telegraphenwesens an Stelle Preußens der Norddeutsche Bund. 
Mit der am 1. Januar 1871 erfolgten Erweiterung des Norddeutschen Bundes zum Deutschen 
Reich — siehe die von den Bevollmächtigten Hessens, des Norddeutschen Bundes und Badens 
am 15. November 1870 vereinbarte „Verfassung des Deutschen Bundes“, Art. 48—52, bzw. 
die aus dieser hervorgegangenen Art. 48—52 der Reichsverfassung, samt den hierauf bezüg- 
lichen Verträgen vom November 1870 8) — wurde für das ganze Reich außer Bayern und 
Württemberg eine einheitliche Post= und Telegraphenverwaltung ge- 
schaffen. Gleichzeitig wurde dem Reiche auch die Beaufsichtigung und, vorbehaltlich 
gewisser in Art. 48 Abs. 2 RV. statuierter Einschränkungen, auch die Gesetzgebung auf 
diesem Gebiete übertragen. Die obengenannte Großherzogliche Kommission für Postangelegen- 
heiten wurde mit dem 1. Januar 1876 außer Wirksamkeit gesetzt; ihre Geschäfte gingen von 
dem gleichen Zeitpunkte ab an das Großh. Gesamtministerium über?). 
Die oberste Leitung des Post= und Telegraphenwesens steht nunmehr dem Kaiser zu, 
dem alle Beamte der Post= und Telegraphenverwaltung gehorsamspflichtig sind. Oberste 
Reichsbehörde für diesen Geschäftszweig ist, in Unterordnung unter den Reichskanzler, das 
von einem Staatssekretär geleitete Reichspostamt in Berlin. Diesem unterstehen als 
Mittelbehörden zur Beaufsichtigung des Post- und Telegraphenbetriebes und zur gesetzlichen 
Vertretung des Postfiskus 41 Oberpostdirektionen — davon eine für Hessen 10) 
1) Siche Hess. Bürgerbuch S. 231 ff.; vgl. auch Koehler und Goldmann, 
Geschichte des Postwesens i. G. H., Darmstadt 1909. 
2) Siehe Koehler u. Goldmann S. 54 ff. u. 144. 
3) NBl. S. 406, 409. 
4) RBl. S. 417; Schlußprotokoll S. 423. 
5) Friedensvertrag v. 6. IX. 1866, Art. 11. 
6) Siehe Schlußprotokoll v. 6. IX. 1866 Ziff. 8 u. Bek. v. 16. IX. 1867, RBl. S. 425. 
7) Nl. S. 789. 
3 Vgl. RBl. 1870 S. 739. 
9) Siehe Bek. v. 28. XII. 1875, RBl. 1876 S. 1. 
10) Außer dem Gebiete des Amtsgerichts in Wimpfen, das dem Oberpostdirektionsbezirke 
Karlsruhe i. B. zugeteilt ist. 
van Calker, Hessen. 17
	        
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