11 Sparkassen-, Kredit= und Bankwesen. * 26
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Uber den Einspruch des Staatskommissars und ebenso über Beschwerden gegen Anordnungen
des Staatskommissars entscheidet die Aufsichtsbehörde, d. i. das Finanzministerium.
Der Staatskommissar ist von allen wichtigeren Entschließungen des Vorstandes zu unter-
richten und zu allen Sitzungen des Vorstandes usw. einzuladen; in seiner Abwesenheit können
Beschlüsse nicht gefaßt werden. — Das letzte Glied der Organisation bildet das im Gesellschafts-
vertrage (§s 22, 32) vorgesehene, zu bestimmten Entscheidungen zuständige Schieds-
gericht; es besteht aus drei Mitgliedern, von denen eines von der Aussichtsbehörde, eines
von der Bank und eines von den an der Bank beteiligten Sparkassen gewählt wird. —
Endlich mag hier noch die bei der Bank zugunsten der Sparkassen begründete Geldaus-
gleichstelle erwähnt werden½#.
2. Zweck der Landeshypothekenbank ist in erster Linie „die Förderung des ländlichen
und städtischen Realkredits und der Entschuldung des ländlichen und städtischen Grundbesitzes
im Gr. H. durch Gewährung von unkündbaren Amortisationsdarlehen gegen mäßigen Zins-
fuß — insbesondere auch an die kleineren Landwirte und Gewerbetreibenden“, in zweiter
Linie „die Förderung des Kommunalkredits im Gr. H. durch Gewährung von Darlehen an
die Gemeinden und sonstigen Kommunalverbände“.
3. Gegenstand des Unternehmens ist a) die hypothekarische Beleihung
von Grundstücken; b) die Gewährung nicht hypothekarischer Darlehen an hessische Gemeinden
und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften oder — gegen Übernahme voller Gewähr durch
eine solche Körperschaft — an sonstige Rechtssubjekte; c) die Ausgabe von Schuldverschrei-
bungen auf Grund der so erworbenen Forderungen 2). — Die Beleihung erstreckt sich, vorbe-
haltlich bestimmter Ausnahmen, sowohl auf ländliche wie auf städtische Grundstücke. Als
Beleihungsgrenze gilt im allgemeinen die Hälfte des Wertes; unter bestimmten Voraussetzungen
kann jedoch bei städtischen Grundstücken bis zu 60 0, bei landwirtschaftlich benutzten bis auf
6626 0% gegangen werden 3).
4. Zur Finanzierung der Bank dienen einerseits das durch das Finanzgesetz vom
26. März 1904 von 4 auf 9 Millionen erhöhte Aktienkapital, andererseits die von der
Bank nach Maßgabe des Reichshypothekenbankgesetzes vom 13. Juli 1899 ausgegebenen
Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen. Die Landes-
hypothekenbank ist demnach vollständig vom Staatskredit losgelöst und auf den allgemeinen
Geldmarkt verwiesen 40.
III. Die hessische Landeskreditkassek). 1. Organisation. Die
Landeskreditkasse ist im Gegensatz zu der Landeshypothekenbank eine reine Staatsanstalt.
Ihr Vermögen wird vom Ministerium des Innern unter Mitwirkung des Finanzministeriums
abgesondert von dem übrigen Staatsvermögen verwaltet. Die Kassengeschäfte hat die dem
Finanzministerium unterstellte Staatsschuldenkasse zu erledigen. Die Verwaltungskosten
werden, soweit der Zinsengewinn hierfür nicht ausreicht, von der Staatskasse getragen.
2. Zweck. Die Aufgabe der Landeskreditkasse sind teils obligatorische, teils fakultative.
Die ersteren bestehen in Darleihen von Geldmitteln zum Zwecke landwirtschaftlicher Melio-
rationen (Schutz gegen Überschwemmungen, Be= oder Entwässerung von Grundstücken, Durch-
führung der im Bachgesetze und im Feldbereinigungsgesetze bezeichneten Aufgaben, Auf-
forstungen). Die letzteren bestehen in der Darlehensgewährung an Gemeinden und Kommunal=
verbände zur Anlage von Nebenbahnen, Kreisstraßen, Wasserleitungen, Schulhäusern und
1) Vgl. Troeltsch S. 210, Biermer S. 30.
2) Siehe die Bek., die Ausgabe von Schuldverschreibungen betr., vom 12. IX. 1906, RBl.
S. 314; 28. X. 1907, RBl. S. 436; 12. II. 1910, RBl. S. 12; 2. V. 1911, RBl. S. 76; 12.
VI. 1911, RBl. S. 161; 22. IX. 1911, RBl. S. 522.
3 Gesellschaftsvertrag § 25; vgl. Troeltsch S. 213.
4) Siehe Troeltsch S. 220.
5) Siehe Gesetz, die Landeskreditkasse betr., vom 6. August 1902, RBl. S. 351, nebst V O.
v. 7. I. 1903, RBl. S. 5, durch welches das frühere Gesetz v. 15. Okt. 1890 und die dieses ab-
ändernden Gesetze vom 8. VIII. 1896 und 4. X. 1899 ersetzt wurden. Vgl. dazu Braun a. a. O.
S. 101—131 (Entstehungsgeschichte, Abdruck u. Erläuterung des Gesetzes), Troeltsch a. a. O.
S. 220— 223 sowie Troeltsch, Artikel „Landeskreditkasse i. H.“, W. B. d. St. u. VR. B. II.