Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

270 Die wirtschaftliche Verwaltung. 8104 
Die bestehenden Fischereiberechtigungen unterliegen den Einschränkungen des Gesetzes, 
eventuell — im öffentlichen Interesse — der Aufhebung durch den Staat (Art. 3—14). Be- 
sondere gesetzliche Vorschriften dienen der Sicherung einerwirtschaftlichenFischerei— 
ausübung (Art. 32—48); namentlich gehören hierher die Bestimmungen über die zum 
Zwecke gemeinschaftlichen Fischschutzes und gemeinschaftlicher Bewirtschaftung vorgesehene 
Bildung von genossenschaftlichen Fischereigebieten (Art. 32—34), über 
Fischereikarten (Art. 35—40), über Anlage von Fischereivorrichtungen 
und über Verwendung gewisser schädlicher Fangmittel (Art. 41—48) 7). 
Einer Fischereikarte bedarf jeder, der an Orten fischen will, an denen er zu fischen 
nicht berechtigt ist; 2) ebenso jeder, der in schiffbaren Strömen und Flüssen mit der einfachen 
Handangel fischen will 52). Die Fischereikarte wird nach Einholung der Zustimmung des 
Fischereiberechtigten von dem zuständigen Kreisamt ausgestellt und muß „auf die Person“, 
„auf ein bestimmtes Fischereirevier“ und „auf eine bestimmte Zeit“ (bis zur Dauer eines Jahres) 
lauten. Sie kann die Art und Zahl der Fanggeräte und die Zahl der zu verwendenden Fahr- 
zeuge einschränken. Die hierfür zu entrichtende Abgabe beträgt 3, 8 oder 15 Mk., je nachdem 
die betreffenden Personen in Hessen, in einem anderen deutschen Bundesstaat oder außerhalb 
des Reichsgebiets wohnhaft sind; sie ermäßigt sich auf 1, 4 bzw. 10 Mk., wenn ihre Gültigkeit 
auf weniger als drei Monate beschränkt wird. An Personen, welche geschäftsunfähig oder vom 
Pachten einer Fischerei ausgeschlossen sind — dies ist der Fall bei wiederholter Bestrafung 
wegen Jagd= oder Fischereifrevels innerhalb der letzten drei Jahre — darf keine Fischerei- 
karte ausgestellt werden; gegebenenfalls ist die Karte nachträglich für ungültig zu erklären 
und einzuziehen. An Personen, die in ihrer Geschäftsfähigkeit im Sinne der s 106 und 114 
BGB. beschränkt sind, darf eine Fischereikarte nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreter#s 
ausgestellt werden. Das in Gegenwart des Berechtigten oder des Inhabers der Fischereikarte 
beschäftigte Hilfspersonal bedarf keiner Fischereikarte. Die Zuwiderhandlungen gegen die 
Vorschriften über Besitz und Vorzeigen der Fischereikarten, Uberlassen der Fischereikarte am 
Dritte und Benutzung fremder Fischereikarten sind unter Strafe gestellt. (Art. 35—40, 62 
bis 64 i. d. F. d. Gesetzes von 1911.) 
Die Fortpflanzung und Vermehrung der Fische wird gesichert durch 
zeitweilige Fischverbote für bestimmte Tage und Jahreszeiten, für gewisse Wasserstrecken, 
für gewisse Fangarten und Fischgattungen; ferner durch Anordnungen über ein bestimmtes 
Mindestmaß und Mindestgewicht für fischbare Fische und Krebse, durch entsprechende 
Verkaufsverbote, durch Bildung von Schonrevieren, Anlage von Fischpässen 
usw. (Art. 15—31). Den gleichen Zwecken, zugleich aber auch der Sicherstellung der 
Fischereiberechtigungen gegen äußere Beeinträchtigungen, dienen 
die Vorschriften über das Einleiten von schädlichen Stoffen in Fischgewässer (Art. 49, 50), die 
Gestattung des Tötens oder Fangens von Fischschädlingen, die Anordnungen über das An- 
bringen von Vorrichtungen zum Schutze der Fische gegenüber Triebwerken, Uferpfad u. a. 
(Art. 51—61). Entsprechende Strafbestimmungern sichern den Vollzug des Gesetzes (Art. 62—65). 
II. Organisation des Fischereischutzes und der Fischerei- 
polizei. Die untersten lokalen Organe sind: 1. Die Domanial-, Kommunal= 
1) Ein die Aufhebung des Art. 48 bezweskender Regierungsentwurf wurde im Landtag 
1900/03 nicht zum Gesetz (s. Drucks. 135 u. 540); ein den gleichen Zweck verfolgender Antrag 
des Abg. Reinhart wurde im Landtag 1903/06 im Hinblick auf die voraussichtliche reichsrecht- 
liche Regelung der Materie von der Regierung abgelehnt (s. Drucks. 508, 595). Die Novelle von 
1911 ließ den Art. 48 unverändert, trug aber den gegen denselben bestehenden Bedenken durch 
die Erweiterung der Vorschriften des Art. 35 über die Fischereierlaubnisscheine (Fischereikarten) 
zum Teil Rechnung. # 
2)D. i. nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzes „in den Revieren anderer Berechtigter 
oder über die Grenzen der eigenen Berechtigung hinaus“ (s. Art. 35 a. F.). 
3) Das Fischen mit der einfachen Handangel ist zufolge Art. 48 vorbehaltlich entgegen- 
stehender, auf privatrechtlichen Titeln beruhender Fischereirechte in schiffbaren Strömen #½ 
Flüssen nicht verboten, jedoch ist hierfür nunmehr der Besitz einer Fischereikarte erforderlich. 
Vgl. Gauf-Fuchs-Wolf. S. 422 Anm. 2 und die dort angeführte Judikatur. —
	        
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