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III. Die Benutzung und Bewirtschaftungderstandesherrlichen
Waldungen wurde durch Art. 23 des Gesetzes vom 18. Juli 1858 über die Rechtsverhält-
nisse der Standesherren des Großherzogtums grundsätzlich den Standesherren überlassen.
Dabei wurde jedoch die Ausrodung von standesherrlichen Wäldern, mit Ausnahme für sich
bestehender Walddistrikte von höchstens 10 Morgen, und die Benutzung des Waldbodens zu
anderen Zwecken von der vorherigen Genehmigung der Staatsforstbehörde abhängig gemacht.
Dieser Rechtszustand besteht zufolge Art. 46 des Forstverwaltungsgesetzes vom 15. April 1904
auch heute noch fort. Hiernach erfolgt die Ausübung der Forstpolizei zwar durch die staat-
lichen Forstbehörden, aber in der Regel nach vorherigem Benehmen mit den Standesherren
oder deren Beamten. Die Anstellung des gesamten zur Verwaltung der standesherrlichen Wal-
dungen erforderlichen Personals steht den Standesherren zuj; die Verpflichtung dieses Personals
auf den Forst- und Jagdschutz erfolgt durch die staatlichen Behörden (Art. 23, 24).
IV. Die Ausübungder Stockholzberechtigungent). Besteht an einem
Walde eine Stockholzberechtigung, so ist der Eigentümer des Waldes berechtigt, die Stöcke
nach Inhalt der Berechtigung von den gerodeten Bäumen abzutrennen und das Stockholz
für den Berechtigten in Raummaße aufarbeiten zu lassen. Dem Waldeigentümer steht der-
jenige gleich, der als Eigenbesitzer oder auf Grund eines dinglichen oder persönlichen Rechts
den Ertrag des Waldes bezieht. Vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung hat der
Stockholzberechtigte dem Waldeigentümer zwei Dritteile der für das Roden und Zurichten
des Stockholzes entstandenen Kosten an Hauer- und Setzerlohn zu erstatten.
V. Forststrafrecht2). Das Forststrafgesetz vom 13. Juli 1904 enthält, abgesehen
von den einleitenden allgemeinen Bestimmungen, namentlich Bestimmungen über die Be-
strafung von Forstentwendungen, Forstbeschädigungen, Weide
freveln und Zuwiderhandlungen gegen forstpolizeiliche Vor-
schriften. Dabei ist besonders bemerkenswert, daß das Sammeln von Kräutern, Blumen,
Beeren und Pilzen ausdrücklich als straflos erklärt wird (Art. 17), worin die Anerkennung
eines beschränkten Gemeingebrauchs am Walde erblickt werden kann. Außerdem ist
folgendes von Interesse: Eine Freiheitsstrafe, die wegen Unvermögens des Verurteilten an
die Stelle einer Geldstrafe zu treten hat, kann gegen den Verurteilten erst dann vollstreckt
werden, wenn die Geldstrafe auch von dem für haftbar Erklärten nicht beigetrieben werden
kann. Auf dem Wege der Verordnung können Einrichtungen getroffen werden, durch welche
den wegen Forstfrevels verurteilten Personen die Möglichkeit gegeben wird, die wegen Un-
vermögens an die Stelle einer Geldstrafe tretende Freiheitsstrafe durch Verrichtung öffent-
licher oder von einer öffentlichen Behörde beaufsichtigter Arbeiten abzuwenden. Dabei ist
die Zahl der Arbeitstage gleich der festgesetzten Arbeitszeit zu bestimmen. Dem Verurteilten
kann jedoch für eine bestimmte Zahl von Tagen eine seiner Leistungsfähigkeit entsprechende
bestimmte Arbeit in der Art angewiesen werden, daß, wenn er die Arbeit früher vollendet,
die betreffende Strafzeit für verbüßt gilt (Art. 6, 7).
§ 107. Bergbau?) I. Dem Vorbilde der preußischen Gesetzgebung folgend hat das
hessische Recht den früheren Grundsatz der Regalität — von einer neuerdings geschaffenen
Ausnahme abgesehen — verlassen und den der Bergbaufreiheit mit dem Vorrechte
4 2 Siehe Gesetz, die Ausübung der Stockholzberechtigungen betreffend, vom 15. VII. 1911,
R
F Sel Forststrafgesetz vom 13. VII. 1904, RBl. S. 267; val. uch G. zur Anderung des
G., das Verfahren in W und Feldrügesachen betr., v. gl. T., Rvi. ẽ 298, 355, nebst Ausf. v.
2. XlI. 1904, RBl. S. 3656. Reh, D. hess. Feld= u. Forststrafrecht z00
. 3) Siehe Berggesetz vom 28. l 1876 in der durch Art. 283 des AG. z. BGB. bedingten
Fassung vom 30. IX. 1899, RBl. S. 801, abgeändert durch G. v. 28. III. Loos, RBl. S. 89;
ferner VO., die Bergpolizei betr., v 13. VI. 1876, RBl. S. 419, u. Berpolizei V —. für Betriebe
zur Aufsuchung von Stein= und Kalisalz sowie von Solquellen i. Gr. H., v. 13. I. 1906, RBl.
S. 37. — Brassert, Die Berggesetzgebung d. Gr. H., 1876. — Gauf-Fuchs-Wolf
S. 431—478. — Bezüglich der Vorgeschichte des Berggesetzes von 1876 vgl. außer den ein-
schlägigen Landtagsverhandlungen namentlich Tasche, Bemerkungen über die bergrecht-
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