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Zustand des Gewerbewesens zu erforschen, den Umfang und die höhere Ausbildung der Gewerbe
zu befördern und überhaupt auf die Hebung des hessischen Gewerbestandes hinzuwirken, endlich
der Regierung Berichte und Gutachten über gewerbliche Angelegenheiten zu erstatten (Satzg.
§#§ 6, 1, 2). Weitere Organe des Landesgewerbevereins sind ein engerer und ein weiterer
Ausschuß, die gewählten besonderen Kommissionen, namentlich die Handwerkerschulkommission,
und endlich die Generalversammlungen (§§ 6—10, 12—14).
Der Zentralstelle unterstehen folgende Anstalten bzw. deren Lehrkräfte: die Chemische
Prüfungsstation für die Gewerbe, die Landesbaugewerkschule, die Gewerbeschulen (10), die
Elfenbeinschnitzereischule in Erbach, die Webeschule in Lauterbach, die Kunstgewerbe- und
Handwerkerschule in Mainz, die technischen Lehranstalten in Offenbach a. M. 1), ferner die
Baugewerk= und Gewerbeschule in Bingen, die Sonntagsschulen (113) und die gewerblichen
Fortbildungsschulen (42) 2).
3. Die auf Reichsrecht beruhenden Gewerbeinspektionen (5)8).
4. Die Dampfkesselinspektion?).
5. Die Handelskammern in Danmstadt, Offenbach, Gießen, Friedberg, Mainz,
Bingen und Worms 5). Sie bestehen nach näherer Vorschrift des Gesetzes aus einer vom
M. d. J. bestimmten Zahl aus den Kreisen des Handelsgewerbes gewählter Mitglieder. Sie
haben die Bestimmung, die Gesamtinteressen des Handels, der Industrie und des Verkehrs-
wesens ihres Bezirkes wahrzunehmen, und sollen, abgesehen von ihrer Befugnis zur Gut-
achtenerstattuung und Antragstellung in der Regel bei jeder Handel, Industrie und Verkehrs-
wesen betreffenden Angelegenheit gehört werden. In ihrer Gesamtheit bilden sie den hessischen
Handelskammertag)).
6. Die auf Reichsrecht?) beruhende Handwerkskammercd)mit dem Sitze in Darm
stadt. Sie besteht aus 36 Mitgliedern und der gleichen Zahl von Ersatzmännern, welche von
den Handwerkerinnungen, Gewerbevereinen und sonstigen zur Förderung der gewerblichen
Interessen des Handwerks bestimmten Vereinigungen gewählt werden. Die Kammer hat
die Aufgabe, die Interessen des Handwerks ihres Bezirks, d. i. des Großherzogtums Hessen,
zu vertreten. Im einzelnen bestimmen sich ihre Obliegenheiten und ihre innere Einrichtung
nach der Gewerbeordnung und nach dem vom Ministerium des Innern gemäß § 103 m Abs. 1
dieses Gesetzes erlassenen Statuts.
II. In materiellrechtlicher Hinsicht hat die Landesgesetzgebung insbesondere
in folgenden Richtungen in das öffentliche Recht des Gewerbes und des Handels eingegriffen:
1. Gewerbebetrieb. Da die Reichsgewerbeordnung den Grundsatz der Ge-
werbefreiheit aufstellt, kann der Einzelstaat die reichsrechtlich gewährleistete Befugnis der
In-= und Ausländer, innerhalb jedes deutschen Einzelstaats Gewerbebetriebe beliebiger Art
in beliebiger Weise einzurichten und auszuüben, nur insoweit beschränken, als jenes Gesetz
dies ausdrücklich vorschreibt oder zuläßt: a) Die Zulassung zum Gewerbe-
3# Siehe Hof= und Staatshandbuch 1912/13 S. 162 f
Helm, Die Gewerbegesetzgebung f. H. S. 39.
3) Siehe VBV0O., die Organisation des Gewerbeaussichtsdienstes betr., v. 2. VIII. 1902,
KBl. S. 385, und Dienstanweisung v. gl. T. RBl. S. 387.
4) Siehe Gesetz, die Dampfkessel Eae. betr., v. 26. III. 1902 (RBl. S. 93), u. VO. v.
20. III. 1912 5§ 29 ff., sowie V O., die Dampfkessel betr., v. 8. XI. 1909, RBl. S. 297, 5# 89 ff.
5) Gesetz, die Handelskammern betr., vom 6. VIII. 1902, RBl. S. J373, i. d. F. v. 1. VII.
1908, RBl. S. 158; vgl. auch Min Bek. v. 1. XI. 1902, RBl. S. 537, v. 6. X. 1906, KNBl.
S. 320. u. v. 31. Vil. 1908, RBl. S. 236. — Bezüglich der Entstehung der Novelle von 1908
s. LB. 1905/8 II. K., Druck. 457 (Regierungsvorlage), 616 (Ausschußbericht Schönbergenrn),
858 (Ausschußbericht Dr. Fulda), Prot. 55, 75, 76, 77; I. K. Beil. 173 (Ausschußbericht Furst
zu Solms-Hohensolms-Lich), Prot. 17; vgi. auch van Calker, Jahrb. d. öff. R
Jahrg. 1910, S. 426.
6) Statistik der Handelskammern (. i. d. Wirtschaftlich-Statist. Jahrbuch d. hess. Handels-
kammern f. d. Jahr 1907 S. 1.
7) Reichsgewerbeordnung g8 103 ff
8) Siehe Bek. v. 12. XII. 1899, r. S. 1349, und Statut v. 1899 i. d. F. v. 8. VII.
1903, RBl. S. 298.