282 Die geistige Verwaltung. l 109
ältesten Oberlehrern (bis zur Höchstzahl von vier Oberlehrern) 1), endlich, je nach der Größe
der Gemeinde, aus 3—6 von der Gemeindevertretung aus der Zahl der gemeindewahlfähigen
Gemeindeangehörigen, zum Teil zur Gemeindevertretung selbst gehörenden, gewählten Mit-
gliedern. In Gemeinden gemischter Konfession mit konfessionell getrennten Schulen wird
für die Schulen jeder Konfessionsgemeinde ein besonderer Schulvorstand mit entsprechender
Zusammensetzung gebildet 2). Die dem Schulvorstande durch Gesetz im allgemeinen zuge-
wiesene Beaufsichtigung der Schulen und der Wirksamkeit der Lehrer kann von der obersten
Schulbehörde zunächst einem besonders bestellten Lokal-) Schulinspektor oder einem
Oberlehrer übertragen werden; beim Mangel eines solchen wird sie zunächst durch den
von der vorbezeichneten Behörde ernannten Vorsitzenden dez Schulvorstandes (in den
Städten der Bürgermeister oder dessen Stellvertreter, niemals ein Volksschullehrer) ausgeübt.
4. In bezug auf die Erteilung des Religionsunterrichts in den Volksschulen steht den
kirchlichen Behäörden ein durch Gesetz und Verordnung näher geregeltes Mitausfsichts-
recht zu 2).
5. Die Erteilung des Unterrichts erfolgt durch die hierzu bestellten Lehrer und
Lehrerinnen, Schulverwalter und Schulgehilfen. Die definitive An-
stellung der nach Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen (Seminarprüfung, Schluß= oder
Definitorialprüfung und fakultative „erweiterte Prüfung“) als qualifiziert anerkannten Lehr-
kräfte geschieht vorbehaltlich des den Gemeinden hierbei zustehenden Vorschlags= oder Außerungs-
rechts und vorbehaltlich etwa bestehender Präsentationsbefugnisse regelmäßig durch das
Ministerium des Innern. Für die Ausbildung der Lehrkräfte ist durch drei Lehrer-
präparandenanstalten, drei Lehrerseminare und ein Seminar für
Volksschullehrerinnen auf Staatskosten Sorge getragen. Seit dem Jahre 1906
findet ferner alljährlich in Darmstadt ein einjähriger (anfangs nur halbjähriger) päda-
gogischer Kursus für Absolventen von Gymnasien, Realgymnasien und Oberreal-
schulen zur theoretischen und praktischen Vorbereitung für das Lehramt an Volksschulen statt ).
Mitglieder geistlicher Orden oder ordensähnlicher Kongregationen können nicht als Lehrer
oder Lehrerinnen an öffentlichen Volkssch'len verwendet werden. Ist in einer Gemeinde
nur e in Lehrer oder sind zwar mehrere Lehrer, ober keine verschiedenen Konfessions Religions)-
gemeinden vorhanden, so sind die Lehrer aus der Konfession zu entnehmen, zu welcher sich
die Gesamtheit oder die Mehrzabl der Gemeindeeinwohner bekennt. Sind mehrere Lehrer
und verschiedene Konfessionsgemeinden vorhanden, so können die Lehrer an den gemeinsamen
öffentlichen Volksschulen aus jeder der Konfessionen entnommen werden, zu welcher sich die
bei den Schulen beteiligten Konfessionsgemeinden bekennen, wobei auf die Größe der einzelnen
Konfessionsgemeinden Rücksicht zu nehmen ist. — Der Unterricht in der Religion ist, nach
Konfessionen getrennt, von Lehrern der betreffenden Konfessionen zu erteilen, soweit er nicht
zufolge besonderer Vereinbarung zwischen den oberen Schul= und Kirchenbehörden von den
betreffenden Geistlichen oder von einem besonderen Religionslehrer übernommen ist (Art. 4).
Die Rechte und Pflichten der Lehrkräfte sind gesetzlich bestimmt 5).
II. Schulpflicht und Schullast. Jedes Kind ist vom vollendeten sechsten
Lebensjahre anschulpflichtig und hat in der Regel die für seinen Wohnort und, gegebenen-
falls, die für seine Konfession, bestimmte Schule acht — bei ungenügenden Leistungen neun —
Jahre lang zu besuchen. Die Volksschulen einer Gemeinde sind in der Regel für die Kinder
sämtlicher Gemeindeeinwohner ohne Rücksicht auf die Religionszugehörigkeit bestimmt,
tragen also den Charakter von sog. Simultanschulen. Wo jedoch aus früherer Zeit
1) Siehe Gesetz v. 1. VI. 1895.
2) Müller-Greim S. I77f.
3) Siehe namentlich Volksschulgesetz Art. 12, 13; Grei m. Müller S. 211—229 u. 175.
4) Siehe Mitteilungen d. Zentralstelle f. sst. Nr. 922 S. 342.
5) Siehe namentlich Volksschulgesetz Art. 2-r bezüglich der Gehaltsverhalinisse s. *
v. 30. X. 1905, RBl. S. 277, i. d. F. d. MB. v 10. II. 1908, NBl. 37, u. G. v V.
1908, RBl. S. 92; Greim-Müller S. 82—173. — Wegen der S,ausun bel j. .
v. 28. V. 1904, K#. S. 25.