8 112 Hochschulen und weitere Anstalten für Kunst und Wissenschaft. 289
er die venia promovendi. Seit 1888 versieht der Rektor zufolge jeweiligen besonderen Auftrags
der Regierung zugleich auch die Funktionen des Kanzlers, d. i. eines mit bestimmten
einzelnen Zuständigkeiten 1) ausgestatteten Vertreters der Regierung bei der Landesuniversität.
Statutengemäß wird der Kanzler vom Großherzog aus der Zahl der ordentlichen Professoren
ernannt. Er folgt im Rang unmittelbar dem Rektor. Der aus der Gesamtheit der ordentlichen
Professoren bestehende Gesamtsenat hat nur über die ihm durch Statut ausdrücklich
zugewiesenen Angelegenheiten zu beschließen. Als vornehmstes Recht des Gesamtsenats ist
hier die Beschlußfassung über die vom Rektor zu vollziehende Erteilung der Venia legendi
und die Mitwirkung bei der Berufung akademischer Lehrer durch den Landesherrn hervor-
zuheben. Daneben ist namentlich noch die ihm zustehende Beschlußfassung über die regel-
mäßig in Verordnungsform erscheinenden Universitätssatzungen und über die Einführung
dauernder akademischer Einrichtungen zu nennen. Im Gegensatz zu der enumerativ be-
grenzten Zuständigkeit des Gesamtsenats umfaßt die Zuständigkeit des aus Rektor, Exrektor,
Kanzler und sieben vom Gesamtsenat auf je zwei Jahre aus seiner Mitte gewählten
Mitgliedern bestehenden Engeren Senats alle akademischen Angelegenheiten, welche
nicht ausdrücklich einem anderen Universitätsorgane zugewiesen sind. Als Gegenstand
seiner Zuständigkeit ist in dem organischen Statut u. a. speziell die Handhabung der
akademischen Disziplin — soweit diese nicht dem Rektor anvertraut ist — und die Ver-
mittlung bei Streitfällen zwischen Universitätsangehörigen aufgeführt. Die Aufstellung
des Universitätshaushalts, die Vorlagen über Bewilligung oder Verwendung staatlicher
Geldmittel und über bauliche Bedürfnisse, sowie die unmittelbare Verwaltung des
Universitätsvermögens steht dem Verwaltungsausschusserc) zu. Er besteht aus
dem Exrektor als Vorsitzendem, dem Rektor und drei weiteren vom Ministerium auf Vor-
schlag des Gesamtsenats ernannten Mitgliedern des Gesamtsenats; außerdem kann die Re-
gierung ein nicht dem Lehrkörper angehöriges Mitglied ernennen. — Der auf Vorschlag des
Engeren Senats vom Ministerium des Innern aus den Mitgliedern des Gesamtsenats wider-
ruflich emmannte Ephorus ist mit der Pflege des Stipendienwesens betraut. Er bereitet
in den einschlägigen Angelegenheiten die Beschlüsse des Engeren Senats vor, eröffnet dieselben
den Studierenden und stellt die Zahlungsanweisungen aus.
Die Angelegenheiten der einzelnen Fakultäten (theologische, juristische, philosophische
und medizinische) werden von den je ein besonderes Kollegium (die „Fakultät im engeren
Sinn“) bildenden Ordinarien der betreffenden Fakultäten besorgt. Die etatsmäßigen außer-
ordentlichen Professoren, die ein in ihrer Fakultät sonst nicht vertretenes Spezialfach ver-
treten, haben in dieser Fakultät Sitz und beschließende Stimme, wenn es sich um Angelegen-
heiten ihres Spezialfaches handelt. Die Frage, ob ein etatsmäßiger außerordentlicher Professor
Vertreter eines Spezialfaches in diesem Sinne ist, wird, soweit die Fakultäten keine allgemeinen
Grundsätze aufgestellt haben, nach Anhörung der betreffenden Fakultät vom Gesamtsenat
entschieden. Innerhalb der medizinischen Fakultät bestehen zwei Kollegien, nämlich das der
Ordinarien der Menschenheilkunde („Fakultät i. engeren Sinne") und das der Ordinarien der
Tierheilkunde („veterinärmedizinisches Kollegium“). Den Vorsitz in der Fakultät führt der
nach dem Dienstalter jährlich wechselnde Dekan bzw. — in dem veterinärmedizinischen
Kollegium — der in der gleichen Weise bestellte Vorsitzende dieses Kollegiums. Das
bedeutsamste Recht der Fakultäten ist das Recht der Verleihung des Doktortitels nach näherer
Vorschrift der Promotionsordnungen.
II. Die technische Hochschule in Darmstadt 5) ist äußerlich ähnlich organisiert
wie die Landesuniversität. Ihre unmittelbare Leitung und Verwaltung geschieht unter der
Oberleitung des M. d. J. durch den Rektor, die Abteilungsvorstände, den
1) Die wesentlichste aktive Funktion des Kanzlers ist heute die Vornahme der Verpflichtung
der Universitätsangehörigen und die durch die Promotionsordnungen näher geregelte Mit-
wirkung bei den Promotionen (Statut 15, 16).
2) Dieser ist an die Stelle der seitherigen „Akademischen Administrationskommission" getreten.
3) Allerh. B., die Verfassung der Großh. Pchhnischen Hochschule zu Darmstadt betr., v.
2. II. 1895, Rl. S. 33; vgl. ferner Glock u. Lehr S. 85.
van Calker, Hessen. 19