Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

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er die venia promovendi. Seit 1888 versieht der Rektor zufolge jeweiligen besonderen Auftrags 
der Regierung zugleich auch die Funktionen des Kanzlers, d. i. eines mit bestimmten 
einzelnen Zuständigkeiten 1) ausgestatteten Vertreters der Regierung bei der Landesuniversität. 
Statutengemäß wird der Kanzler vom Großherzog aus der Zahl der ordentlichen Professoren 
ernannt. Er folgt im Rang unmittelbar dem Rektor. Der aus der Gesamtheit der ordentlichen 
Professoren bestehende Gesamtsenat hat nur über die ihm durch Statut ausdrücklich 
zugewiesenen Angelegenheiten zu beschließen. Als vornehmstes Recht des Gesamtsenats ist 
hier die Beschlußfassung über die vom Rektor zu vollziehende Erteilung der Venia legendi 
und die Mitwirkung bei der Berufung akademischer Lehrer durch den Landesherrn hervor- 
zuheben. Daneben ist namentlich noch die ihm zustehende Beschlußfassung über die regel- 
mäßig in Verordnungsform erscheinenden Universitätssatzungen und über die Einführung 
dauernder akademischer Einrichtungen zu nennen. Im Gegensatz zu der enumerativ be- 
grenzten Zuständigkeit des Gesamtsenats umfaßt die Zuständigkeit des aus Rektor, Exrektor, 
Kanzler und sieben vom Gesamtsenat auf je zwei Jahre aus seiner Mitte gewählten 
Mitgliedern bestehenden Engeren Senats alle akademischen Angelegenheiten, welche 
nicht ausdrücklich einem anderen Universitätsorgane zugewiesen sind. Als Gegenstand 
seiner Zuständigkeit ist in dem organischen Statut u. a. speziell die Handhabung der 
akademischen Disziplin — soweit diese nicht dem Rektor anvertraut ist — und die Ver- 
mittlung bei Streitfällen zwischen Universitätsangehörigen aufgeführt. Die Aufstellung 
des Universitätshaushalts, die Vorlagen über Bewilligung oder Verwendung staatlicher 
Geldmittel und über bauliche Bedürfnisse, sowie die unmittelbare Verwaltung des 
Universitätsvermögens steht dem Verwaltungsausschusserc) zu. Er besteht aus 
dem Exrektor als Vorsitzendem, dem Rektor und drei weiteren vom Ministerium auf Vor- 
schlag des Gesamtsenats ernannten Mitgliedern des Gesamtsenats; außerdem kann die Re- 
gierung ein nicht dem Lehrkörper angehöriges Mitglied ernennen. — Der auf Vorschlag des 
Engeren Senats vom Ministerium des Innern aus den Mitgliedern des Gesamtsenats wider- 
ruflich emmannte Ephorus ist mit der Pflege des Stipendienwesens betraut. Er bereitet 
in den einschlägigen Angelegenheiten die Beschlüsse des Engeren Senats vor, eröffnet dieselben 
den Studierenden und stellt die Zahlungsanweisungen aus. 
Die Angelegenheiten der einzelnen Fakultäten (theologische, juristische, philosophische 
und medizinische) werden von den je ein besonderes Kollegium (die „Fakultät im engeren 
Sinn“) bildenden Ordinarien der betreffenden Fakultäten besorgt. Die etatsmäßigen außer- 
ordentlichen Professoren, die ein in ihrer Fakultät sonst nicht vertretenes Spezialfach ver- 
treten, haben in dieser Fakultät Sitz und beschließende Stimme, wenn es sich um Angelegen- 
heiten ihres Spezialfaches handelt. Die Frage, ob ein etatsmäßiger außerordentlicher Professor 
Vertreter eines Spezialfaches in diesem Sinne ist, wird, soweit die Fakultäten keine allgemeinen 
Grundsätze aufgestellt haben, nach Anhörung der betreffenden Fakultät vom Gesamtsenat 
entschieden. Innerhalb der medizinischen Fakultät bestehen zwei Kollegien, nämlich das der 
Ordinarien der Menschenheilkunde („Fakultät i. engeren Sinne") und das der Ordinarien der 
Tierheilkunde („veterinärmedizinisches Kollegium“). Den Vorsitz in der Fakultät führt der 
nach dem Dienstalter jährlich wechselnde Dekan bzw. — in dem veterinärmedizinischen 
Kollegium — der in der gleichen Weise bestellte Vorsitzende dieses Kollegiums. Das 
bedeutsamste Recht der Fakultäten ist das Recht der Verleihung des Doktortitels nach näherer 
Vorschrift der Promotionsordnungen. 
II. Die technische Hochschule in Darmstadt 5) ist äußerlich ähnlich organisiert 
wie die Landesuniversität. Ihre unmittelbare Leitung und Verwaltung geschieht unter der 
Oberleitung des M. d. J. durch den Rektor, die Abteilungsvorstände, den 
1) Die wesentlichste aktive Funktion des Kanzlers ist heute die Vornahme der Verpflichtung 
der Universitätsangehörigen und die durch die Promotionsordnungen näher geregelte Mit- 
wirkung bei den Promotionen (Statut &# 15, 16). 
2) Dieser ist an die Stelle der seitherigen „Akademischen Administrationskommission" getreten. 
3) Allerh. B., die Verfassung der Großh. Pchhnischen Hochschule zu Darmstadt betr., v. 
2. II. 1895, Rl. S. 33; vgl. ferner Glock u. Lehr S. 85. 
van Calker, Hessen. 19
	        
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