Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

Art. 39—52 Anhang: Verfassungsurkunde des Großherzogtums Hessen. 309 
  
  
Titel V. 
Von den Kirchen, den Unterrichts= und Wohlthätigkeits-Anstalten. 
Art. 39. Die innere Kirchen-Verfassung genießt auch den Schutz der politischen. 
Art. 40½. [Verordnungen der Kirchengewalt können, ohne vorgängige Einsicht und Ge- 
nehmigung des Großherzogs, weder verkündet, noch vollzogen werden.] 
Art. 41. Die Geistlichen sind in ihren bürgerlichen Verhältnissen und bei strafbaren 
Handlungen, welche nicht bloße Dienstvergehen sind, der weltlichen Obrigkeit unterworfen. 
Art. 42. Die Beschwerden über Mißbrauch der kirchlichen Gewalt können jederzeit bei 
der Regierung angebracht werden. 
Art. 48. Das Kirchengut, das Vermögen der vom Staate anerkannten Stiftungen, 
Wohlthätigkeits= so die der höheren und niederen Unterrichts-Anstalten genießen des be- 
sonderen Schutzes des Staates und können unter keiner Voraussetzung dem Finanz-Vermögen 
einverleibt werden 
Art. 44. Die Fonds der milden Stiftungen zur Beförderung der Gottesverehrung, 
des Unterrichts und der Wohlthätigkeit können nur mit ständischer Einwilligung zu einem 
fremdartigen Zwecke verwendet werden. 
Titel VI. 
Von den Gemeinden. 
Art. 45. Die Angelegenheiten der Gemeinden sollen durch ein Gesetz geordnet werden, 
welches als Grundlage die eigene, selbstständige Berwaltung des Vermögens durch von der 
Gemeinde Gewählte, unter der Oberaufsicht des Staats, aussprechen wird. Die Grund- 
bestimmungen dieses Gesetzes werden einen Bestandtheil der Verfassung bilden. 
Art. 46. Das Vermögen der Gemeinden kann, unter keiner Voraussetzung, dem Finanz- 
Vermögen einverleibt werden. 
Titel VII. 
Von dem Staats-Dienste. 
Art. 47. Niemand kann ein Staatsamt erhalten, ohne seine Fähigkeit dazu, durch 
ordnungsmäßige Prüfung, bewiesen zu haben. 
Bei solchen, welche im Auslande bereits Staatsämter bekleidet und dadurch ihre Fähigkeit 
bewährt haben, leidet diese Regel eine Ausnahme. 
Art. 48. Anwartschaften auf Staatsämter finden nicht Statt. 
Art. 40. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Pensionirung der Staatsdiener und 
die Rechte derselben aus den bestehenden Instituten der Wittwen= und Waisen-Kassen stehen 
unter dem Schutze der Verfassung. 
Denselben Schutz genießen insbesondere auch die durch die Dienst-Pragmatik bestimmten 
Rechte der Militärpersonen auf die gesetzlichen Pensionen. 
Art. 50. Untersuchungen gegen Staatsdiener wegen Dienstverbrechen können nicht 
niedergeschlagen und Staatsdiener, welche des Dienstes dergestalt entsetzt worden sind, daß 
das Urtheil ihre Unfähigkeit, im Staatsdienste wieder angestellt zu werden, ausdrücklich aus- 
gesprochen hat, nie im Staatsdienste wieder angestellt werden. 
Titel VIII. 
Von den Landständen?). 
Art. 51. [Die Stände des Großherzogthums bilden zwey Kammern.] 
Art. 52. [Die erste Kammer wird gebildet: 
  
1) Art. 40 wurde durch Art. 5 des Gesetzes, die rchtli Stellung der Kirchen und 
Religionsgemeinschaften im Staate betreffend, vom 28. April 1875 (RBl. S. 247) förmlich auf- 
gehoben und gleichzeitig inhaltlich durch folgende Vorschrift ersetzt: „UAlle kirchlichen, erord- 
nungen müslsen gleichzeitig mi der Berhündigunn der Staateregierung mitgethrilf 
werden.“ „eine Perordnung der Kirchen oder KReligionsgemeinschaften kann in Be- 
kiehung auf bürgerliche oder 44 kebürgerliche Perhälknisse rechtliche Geltung in Anspruch 
Kiiluen, gder in Pollzug geseht werden, bevor sie die Genehmigung des Staats er- 
alten hat.“ 
2) Die Art. 51— 61 HV. wurden mit Ausnahme des Art. 61 Abs. 1 durch das Gesetz, die 
Zusarmmensetzun der beiden landständischen Kammern und die Wahlen der Abgeordneten 
etreffend, vom 3. September 1849 (RBl. S. 435), Art. 25 Ziff. 1, ausdrücklich aufgehoben und
	        
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