322 Anhang: Verfassungsurkunde des Großherzogtums Hessen. Art. 101—109.
Art. 101. Der Landtag wird von dem Großherzoge, entweder in eigener Person, oder
durch einen dazu besonders beauftragten Commissär, geschlossen und alzdann der den
Ständen schon vorher mitgetheite Landtags-Abschied, durch den Großherzog verkündet.
Titel K.
Allgemeine Bestimmungen.
Art. 102. Der Fiscus steht in allen privatrechtlichen Verhältnissen vor den Gerichten.
Art. 103. Für das ganze Großherzogthum soll ein bürgerliches Gesetzbuch, ein Straf-
gesetzbuch, und ein Gesetzbuch über das Verfahren in Rechtssachen eingeführt werden.
Art. 104. Ausschließliche Handels= und Gewerbs--Privilegien sollen nicht Statt finden,
außer zu Folge eines besonderen Gesetzes.
Patente für Erfindungen dagegen kann die Regierung auf bestimmte Zeit ertheilen.
Art. 105. Die Strafe der Confiscation des ganzen Vermögens soll für alle Zeiten ab-
geschafft sein.
Die an die Stelle tretenden zweckmäßigeren Strafen wird das Gesetz bestimmen.
Titel X.
Von der Gewähr der Verfassung.
Art. 106. Jeder Regierungsnachfolger sichert, bei dem Antritte seiner Regierung, den
Ständen die unverbrüchliche Festhaltung der Verfassung in einer Urkunde zu, welche den
Ständen zugestellt und in dem ständischen Archive niedergelegt wird.
Art. 1071). [Im Falle einer Vormundschaft oder einer andern Verhinderung des Groß-
herzogs an der Selbstausübung der Regierung, schwört der Verweser, bei dem Antritte der
Regentschaft, in einer deshalb zu veranstaltenden Ständeversammlung folgenden Eid:
„Ich schwöre, den Staat, in Gemäßheit der Verfassung und der Gesetze zu verwalten,
die Integrität des Großherzogthums und die Rechte der Krone zu erhalten und dem
Großherzog die Gewalt, deren Ausübung mir anvertraut ist. getreu zu übergeben.“)
Art. 108. Alle Staatsbürger find bei der Ansäßigmachung und bei der Huldigung, so
wie alle Staatsdiener bei ihrer Anstellung, so fern sie dieses nicht schon gethan haben, ver-
bunden, folgenden Eid abzulegen:
„Ich schwöre Treue dem Großherzoge, Gehorsam dem Gesetze und Beobachtung der
Staatsverfassung.“
Art. 1097). Die Großherzoglichen Staatsminister und sämmtliche übrigen Staatsdiener
sind, in so ferne sie nicht in Folge von Befehlen ihrer vorgesetzten Behörden handeln, jeder
dem einschlägigen MAusschusse bramtragt wird und die Kammer den Antrag kür begründek
erkennk. WMhrrnd der Berathung über einen solchen Ankrag sind die Buhörer vor-
läufg zu entfernen.
Die Brgane der Regierung sind von keiner vertraulichen Sinung ausgrschlossen.
Die Perhandlungen geheimer Sitzungen werden nicht durch den Pruch vrröffenklicht,
wenn es im Falle Nr. 1 von der Regierung verlangt wird.“
1) Art. 107 wurde förmlich aufgehoben durch das Gesetz, die Regentschaft betreffend, vom
. März 160n (RBl. S. 79), Art. 11, und inhaltlich zugleich durch folgende Bestimmung dieses
esetzes ersetzt: »
Kri.6Kbs.2.»Peregen·tleistetvvrdetUbernahmrdersegkntsüjastineiner
VersammlungdervereinigtenbetdenKammernderständeeinknErd.dtrvrrkallung
des Großherzogthums kest und unverbrüchlich zu halten und in Ubereinstimmung mit der-
selben und den Gesetzen zu regieren.“
2) Das zum integrierenden Vestendteil der Verfaflungsurkunde erklärte Gesetz über die
Verantwortlichkeit der Minister und obersten Staatsbeamten vom 5. Juli 1821
(Rl. S. 387) lautet:
„IMBEG von Gottes Gnaden Großherzog von Helsen und bei Rhein 2c. 2c.
Da- Befehle, welche zu gesehzwidrigen Handlungen, oder zur Verletzung Unserer den
Ständen gegebenen Zusagen führen hönnten, nie von Unserem Willen ausgerhen, sondern
nur in einem Wihverständnisse gegründek seyn hönnen, dessen Aufklärung Wir als eine
Fllicht Mnserer obersten Staatsdiener und Staatsbehörden betrachten, so haben Wir, nach
nhörung und mit Zustimmung Unserer getreuen Stände, für gut befunden, Lolgendes
geseklich zu verordnen: » · ·
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