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8. Personen, die zur Zeit der Wahl zu ihrem Lebensunterhalt eine nicht bloß vorüber-
gehende Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln beziehen oder in den letzten der Wahl
vorhergegangenen zwölf Monaten bezogen haben;
9. Personen, die zur Zeit der Wahl mit der Entrichtung der direkten Staats= oder
Gemeindesteuer länger als zwei Monate sich im Rückstande befinden.
Als Armenunterstützung im vorbezeichneten Sinne sind nicht anzusehen: 1. die Kranken-
unterstützung; 2. die einem Angehörigen wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen gewährte
Anstaltspflege; 3. Unterstützungen zum Zwecke der Jugendfürsorge, der Erziehung oder der
Ausbildung für einen Beruf; 4. sonstige Unterstützungen, wenn sie nur in der Form vereinzelter
Leistungen zur Hebung einer augenblicklichen Notlage gewährt sind; 5. Unterstützungen, die
erstattet sind.
§ 23. Wahl und Zusammensetzung der Zweiten Kammer. lI. Die Zugehörigkeit
zur Zweiten Kammer gründet sich im Gegensatz zu der Mitgliedschaft in der Ersten Kammer
ausschließlich auf Wahlen. Und zwar geht die Zweite Kammer nach dem Gesetz, die Land-
stände betreffend, vom 3. Juni 1911 aus unmittelbaren Wahlen mit geheimer Abstimmung
—
Die Zweite Kammer wird gebildet:
1. aus fünfzehn Abgeordneten derjenigen Städte, denen ein besonderes Wahlrecht
zusteht.
Diese Städte sind:
a) die Haupt- und Residenzstadt Darmstadt,
b) die Provinzialhauptstadt Mainz,
von denen jede drei Abgeordnete zu wählen hat,
c) die Provinzialhauptstadt Gießen (nebst Schiffenberg und Herrnwald) sowie
Wieseck,
d) die Kreisstadt Offenbach (nebst Forst Offenbach, Offenbacher Hintermark
und Wildhof),
e) die Kreisstadt Worms,
von denen jede zwei Abgeordnete zu wählen hat,
f) die Kreisstadt Friedberg (nebst Friedberger Burgwald),
g) die Kreisstadt Alsfeld,
h) die Kreisstadt Bingen,
von denen jede einen Abgeordneten zu wählen hat;
2. aus dreiundvierzig Abgeordneten, die in den aus den übrigen Gemeinden ge-
bildeten Wahlkreisen gewählt werden (Art. 3).
Die Gesamtzahl der Abgeordneten beträgt also achtundfünfzig. Diese werden jeweils
auf die Dauer von sechs Jahren gewählt, jedoch wicd die Kammer jeweils nach drei Jahren
in der Weise teilweise ermeuert, daß von den 58 Abgeordneten alle drei Jahre die Hälste
austritt und durch neue Wahlen ersetzt wird. Wenn die Kammer nach einer Auflösung durch
neue Wahlen vollständig neu gebildet worden ist, so haben nach den drei ersten Jahren 29 Ab-
geordnete auszuscheiden, die in gesetzlich genau geregelter Weise in einer Sitzung der Zweiten
Kammer durch das Los bestimmt werden (Art. 61).
II. Dasaktive Wahlrecht steht bei den Wahlen der Abgeordneten gemäß Art. 6
allen Personen männlichen Geschlechts zu, die
1) BVgl. Waldemar Kissel, Die geschichtliche Entwicklung des hessischen Landtagswahl-
rechts, Gieß. Diss., Mainz 1911 sowie Carl Arthur Lion, Das Landtagswahlrecht i. Gr. H.,
Würzbg. Diss. 1912.