50 Die Organisation des Staates. Die Volksvertretung. 23
Innerhalb des vorbezeichneten Zeitraums von vierzehn Tagen können Einwendungen
gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Wählerliste schriftlich oder mündlich zu Protokoll
bei der Bürgermeisterei erhoben werden. Berechtigt zur Erhebung von Einwendungen sind
alle männlichen Personen, die zur Zeit der Wahl das 25. Lebensjahr zurückgelegt und innerhalb
des Wahlkreises oder, falls der Wahlkreis zu einer Stadt gehört, die in mehrere Wahlkreise
zerfällt, innerhalb dieser Stadt ihren Wohnsitz haben, und zwar bezüglich aller Eintragungen
in die Wählerliste.
Wer die Eintragung eines Wählers verlangt, muß für diesen die in Art. 6 für die Stimm-
berechtigung angeführten Erfordernisse nachweisen. Werden diese Nachweise bis zum Ablaufe
der Reklamationsfrist nicht oder nicht vollständig vorgelegt, so bleibt die Ammeldung unberück-
sichtigt.
UÜber die vorgebrachten Einwendungen ist von der Bürgermeisterei binnen drei Tagen
Entscheidung zu treffen und diese den Beteiligten bekanntzumachen.
Gegen die Entscheidung findet binnen einer unerstrecklichen Frist von drei Tagen Be-
schwerde an den Kreisausschuß statt, der hierüber binnen vier Wochen, vom Beginn der Offen-
legung der Wählerlisten an gerechnet, endgültig entscheidet 1). Nach den ergehenden Ent-
scheidungen ist die Wählerliste richtig zu stellen (Art. 24, 25).
Nur diejenigen sind zur Wahl zuzulassen, welche in die festgestellten Listen aufgenommen
sind und sich zur Zeit der Wahl nicht länger als zwei Monate mit der Entrichtung der direkten
Staats- oder Gemeindesteuer im Rückstande befinden (Art. 27).
Wird in einem Wahlkreise eine Neuwahl erforderlich, so bedarf es einer neuen Auf-
stellung und Offenlegung der Wählerlisten nicht, falls die Neuwahl innerhalb der Zeit von
sechs Monaten nach einer in demselben Wahlkreise stattgehabten Wahl, für die neue Wähler-
listen aufgestellt worden waren, stattfindet.
Der Zweiten Kammer bleibt das Recht vorbehalten, bei der Ungültigkeitserklärung
einer Wahl zu beschließen, daß auch ungeachtet des Laufs dieser Frist von sechs Monaten für
die Neuwahl neue Wählerlisten für den ganzen Wahlkreis oder für einzelne Teile desselben.
aufzustellen und offenzulegen sind.
Bei allgemeinen Neuwahlen bedarf es stets einer neuen Aufstellung und Offenlegung
der Wählerlisten (Art. 28).
3. Abstimmungsbezirke und Wahlvorsteher. JZede Gemeinde bildet
der Regel nach einen Abstimmungsbezirk für sich.
Jedoch können kleine Gemeinden, insbesondere solche Gemeinden, in denen Personen,
die zur Bildung der Ortswahlkommission geeignet sind, sich nicht in genügender Anzahl vor-
finden, ausnahmsweise mit benachbarten Gemeinden zu einem Abstimmungsbezirke vereinigt
werden. Bewohnte eigene Gemarkungen werden, wenn sie einer Gemeinde polizeilich zu-
geteilt sind, mit dieser, wenn sie keiner Gemeinde polizeilich zugeteilt sind, mit einer benach-
barten Gemeinde vereinigt. Große Ortschaften können in mehrere Abstimmungsbezirke geteilt
werden. Kein Abstimmungsbezirk soll mehr als 3500 Einwohner nach der letzten allgemeinen
Volkszählung enthalten. Die Abgrenzung der Abstimmungsbezirke geschieht durch das Kreis-
amt, in Städten mit Städteordnung durch die Bürgermeisterei, ach Anhörung der Stadt-
verordnetenversammlung bzw. des Gemeinderats (Art. 29).
Für jeden Abstimmungsbezirk ist ein Wahlvorsteher, der die Wahl zu leiten hat, und
ein Stellvertreter desselben für Verhinderungsfälle zu ernennen. Die Ernennung erfolgt
durch das Kreisamt, in Städten mit Städteordnung durch die Bürgermeisterei. Der Wahl-
vorsteher ernennt aus der Zahl der Wähler seines Abstimmungsbezirks einen Protokollführer
und drei bis sechs Beisitzer. Die bezeichneten Amter können bei Vermeidung einer Geldstrafe
von 3—20 Mark nur beim Vorliegen bestimmter Entschuldigungsgründe abgelehnt werden
(Art. 30, 31).
1) Bezüglich der Entstehung und Bedeutung dieser Bestimmung vgl. L V. II 32. Ldtg. 1903/05,
Drucks. Nr. 539 S. 27 u. 79; L V. II 33. Ldtg. 1905/08, Drucks. Nr. 110 S. 35 u. 107.
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