Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

52 Die Organisation des Staates. Die Volksvertretung. g 24 
  
  
  
daß eine Ersetzung einzelner Mitglieder der Ortswahlkommissionen oder eine Verlegung der 
Wahllokale geboten ist (Art. 53). Bei der engeren Wahl ist derjenige gewählt, der die 
meisten der abgegebenen gültigen Stimmen erlhalten hat. Bei Stimmen- 
gleichheit entscheidet das vom Wahlkommissär zu ziehende Los (Art. 54). 
Der Gewählte ist von der auf ihn gefallenen Wahl schriftlich zu benachrichtigen und zur 
Erklärung über deren Annahme aufzufordern. Die Ablehnung der Wahl ist ebenso wie die 
Mandatsniederlegung ohne Angabe von Gründen zulässig. Annahme der Wahl unter einer 
Verwahrung oder unter einem Vorbehalt, sowie das Ausbleiben der Erklärung binnen acht 
Tagen von der Zustellung der Wahlbenachrichtigung ab gilt als Ablehnung (Art. 55, 56). Da 
ein Abgeordneter nicht gleichzeitig mehrere Wahlkreise vertreten kann, so entscheidet, falls er 
gleichwohl die Wahl in mehreren Wahlkreisen angenommen hat, das Staatsministerium durch 
das Los darüber, für welchen Wahlkreis die Annahme Gültigkeit behält. 
V. Die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahlen und über 
die Legitimation der Gewählten steht der Zweiten Kammer zu. Die Wahl 
ist ungültig, wenn wesentliche Vorschriften für das Wahlverfahren unbeachtet geblieben sind 
und weder eine nachträgliche Ergänzung möglich, noch nachgewiesen ist, daß durch die Nicht- 
beachtung der betreffenden Wahlvorschrift das Ergebnis der Wahl nicht beeinträchtigt werden 
konnte. Außerdem ist die Wahl ungültig, wenn der Gewählte zur Zeit der Wahl nicht wähl- 
bar war. 
Wahlbeanstandungen sind insoweit nicht zu berücksichtigen, als sie sich auf angebliche 
Unrichtigkeit der Wählerliste stützen, es sei denn, daß bei der Aufstellung und Führung der 
Wählerliste Handlungen vorgekommen sind, die im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens 
zu verfolgen sind oder eine im Wege des Disziplinarstrafverfahrens zu verfolgende Verletzung 
der Amtspflicht enthalten (Art. 58, 59). 
Erachtet eine Kammer Erhebungen über Tatsachen für erforderlich, die für ihre Ent- 
scheidung über die Gültigkeit der Wahl eines Kammermitgliedes von Bedeutung sind, so 
ersucht sie das Staatsministerium um Veranlassung des Weiteren. Das Staatsministerium 
ordnet die Erhebung der erforderlichen Beweise an. Es kann hiermit eine Verwaltungs- 
behörde beauftragen. Dieser steht das Recht zu, Zeugen und Sachverständige erforderlichen- 
falls insbesondere auf Ersuchen der Kammer eidlich zu vernehmen. Die Vorschriften des 
§ 56 der Strafprozeßordnung über den Ausschluß der Beeidigung und der I§ 52—55 und 76 
der Strafprozeßordnung über das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses oder des Gut- 
achtens finden entsprechende Anwendung. Alle staatlichen und kommunalen Behörden sind 
verpflichtet, dem Ersuchen der mit den Erhebungen beauftragten Verwaltungsbehörde um 
Auskunft oder um Rechtshilfe zu entsprechen (Art. 60). 
VI. Die Vornahmevon Ersatzwahlen für einzelne, während der sechsjährigen 
Wahlperiode ausscheidende Abgeordnete 1) beschränkt sich auf folgende Fälle: 
1. Tod eines Abgeordneten; 
2. Ablehnung der Wahl, Niederlegung des Mandats, Mandatsverlust durch Losziehung 
bei mehrfacher Wahl; 
3. Verlust der Wählbarkeit; 
4. Annahme eines besoldeten Staatsamts oder Vorrückung in ein Amt von höherem 
Rang oder Gehalt (Art. 61). 
In den Fällen 1 und 2 hat das Staatsministerium binnen vier Wochen eine neue Wahl 
anzuordnen. Für die übrigen Fälle von Neuwahlen bestehen keine gesetzlichen Fristbestimmun- 
gen (Art. 62, 63). 
§* 24. Die organischen Zuständigkeiten der Kammern. Wie schon oben (§5 20) 
hervorgehoben wurde, hat der Landtag keine präsumptive Zuständigkeit, sondern er besitzt nur 
diejenigen Kompetenzen, welche ihm ausdrücklich durch Gesetz zugewiesen wurden. Diese 
Kompetenzzuweisung ist in Hessen, ähnlich wie in den meisten anderen deutschen Staaten, 
  
1) Bezüglich der Fälle der Integral= und der Partialerneuerung s. oben unter I.
	        
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