Full text: Hessische Verfassungsgesetze mit Einführung und Erläuterungen.

I. Die Entstehung des hessischen Staates. 5 
und ist der Gründer des heutigen hessischen Fürsten- 
hauses. Die Rechte der ersten hessischen Landgrafen be- 
schränkten sich anfänglich auf die Lehensgerechtsame und 
die Gerichtsbarkeit in den ihnen eigentümlich gehörenden 
damaligen hessischen Landen; im Laufe der Zeit wuchs 
jedoch mit der Erweiterung der äußeren Grenzen der 
Landgrafschaft auch der innere Einfluß der Landgrafen 
in allen öffentlichen Angelegenheiten ihres Gebietes; 
durch die sich allmählich vollziehende Unterwerfung der 
minder mächtigen Geschlechter gewann die Herrschaft der 
hessischen Landgrafen mehr und mehr an Bedeutung. 
So entstand in stetig fortschreitender Entwicklung aus 
der zusammenhanglosen Menge verschiedenartiger und 
auf den verschiedenartigsten Erwerbsgründen beruhender 
Einzelrechte allmählich eine einheitliche, als ein geschlossener 
Rechts= und Machtbegriff erscheinende Landeshoheit. 
Zur Befestigung ihrer Herrschaft schlossen die Landgrafen 
Heinrich II., der Eiserne, und dessen Brudersohn Her- 
mann der Gelehrte im Jahre 1373 eine Erbverbrüderung 
mit den ihnen nahe verwandten Landgrafen zu Thüringen 
und Markgrafen zu Meißen aus dem sächsischen Hause, 
in welche später (1457) auch noch Brandenburg auf- 
genommen wurde.! Die Erbverbrüderung erhielt noch 
im gleichen Jahre die kaiserliche Bestätigung; zugleich 
(am 6. Dez. 1373) empfing Hermann, infolge freiwilliger 
Lehensauftragung von Kaiser Karl IV. den Lehenbrief 
über das eigentlich erst jetzt in ein wahres Reichslehen, 
in eine Landgrafschaft des Reichs, umgewandelte ge- 
samte Hessen.: 
Unter den Nachkommen Hermanns des Gelehrten 
Den Wortlaut dieser Erbverbrüderung s. Beck II, S. 12; 
über ihre heutige Bedeutung vgl. unten S. 39f. · 
2 Rehm 1, 182; Weiß S. 24.
	        
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