8 I. Teil. Einleitung.
meinsamer Beziehungen in gegenseitiger Unabhängigkeit
nebeneinander bestehen und gingen politisch meist ihre
eigenen Wege — Hessen-Cassel, der reformierten Kirche
zugehörig, mehr den norddeutschen Staaten zuneigend,
Hessen-Darmstadt, dem lutherischen Bekenntnisse folgend,
nach Süddeutschland-Osterreich gravitierend. —
II. Die Entwicklung Hessens
bis zur Gründung des deutschen Bundes.
Der Staat Hessen-Darmstadt, mit dem wir uns nun-
mehr ausschließlich zu befassen haben, war seiner Staats-
form nach eine durch Stände beschränkte Monarchie und
zwar — zufolge der beiden Erbstatute und Primogenitur-
ordnungen von 1602 bis 1606 — eine Erbmonarchie
mit Erbfolge nach Erstgeburt der Linien. Im Besitze
der Landstandschaft befanden sich die Prälaten —
das waren die Deutschordenskommende Schiffenberg und
(wegen ihres vordem geistlichen Besitzes) die Universi-
tät Gießen — die Ritterschaft und die Städte;
zur Städte-Landschaft gehörten Darmstadt und Gießen
und 25 andere Städte, die ersteren beiden durch je 2,
die letzteren durch je 1 Abgeordneten vertreten. Die
Stände traten nur auf den Ruf des Landesherrn zu-
sammen und zwar nicht in regelmäßigen Zwischenräumen,
sondern nur, sofern die Zeitumstände (Thronwechsel,
Steuerwünsche) es erforderlich erscheinen ließen. Zum
Wirkungskreis der Stände gehörte insbesondere die
Steuerbewilligung, d. h. die freiwillige Ubernahme
vom Landesherrn erbetener Steuerleistungen seitens
der Stände; irgend eine Verpflichtung, solche Beisteuern
zu leisten, bestand nicht; die Stände bewilligten daher