I. Von dem Großherzogtum u. dessen Regierung im allg. 31
2. Der oberste Grundsatz des hessischen Verfassungs-
rechts ist die Einheitlichkeit und Unteilbarkeit des Staats-
gebietes. Die Worte des Art. 3 HV. „Das Großherzog-
thum bildet, in der Gesammt-Vereinigung der älteren und
neueren Gebietstheile, ein zu einer und derselben Ver-
fassung verbundenes Ganze“1 und die Entstehungs-
geschichte der hessischen Verfassung lassen keinen Zweifel
darüber übrig, daß die Unteilbarkeit des hessischen Staates
nicht als eine bloße Folge des Primogeniturprinzipes
anzusehen ist und daß sie nicht nur „für die Erbfolge
innerhalb eines Geschlechtes, innerhalb des Geschlechtes
des vom ersten Erwerber der Landeshoheit Abstammen-
den“ Geltung hat.? Ebenso wie die Schaffung der Ver-
fassungsurkunde überhaupt, nach dem Willen der Krone
in erster Linie der Konsolidierung des aus einer bunten
Vielzahl der verschiedenartigsten politischen Gebilde zu-
sammengefügten Staatswesens zu dienen bestimmt war,
so diente auch die Aufstellung des Grundsatzes der Unteil-
barkeit des Staatsgebietes vor allem diesem einen, vor-
nehmsten Zweck. Wenn auch für Hessen in gleicher
Weise wie für andere Staaten die Behauptung zutrifft,
daß dieser Grundsatz sich historisch im Zusammenhang
mit dem Primogeniturprinzipe entwickelt hat* und daß
seine Aufstellung ursprünglich nur im Interesse der
landesherrlichen Familie erfolgte, so hat er doch in der
1 Rehm, Modernes Fürstenrecht (S. 50, Abs. 2), sieht in
diesem Artikel anscheinend nicht die ausdrückliche Aufstellung des
Grundsatzes der Unteilbarkeit des Staatsgebiets.
2 A. M. Rehm, a. a. O. S. 7 ff. u. 49 ff., in konsequenter
Durchführung seiner Grundanschauung, wonach die Thronfolge
einen selbständigen Gegenstand des dem Staatsrechte koordi-
nierten fürstlichen Hausrechtes bildet.
3 Vgl. Rehm, a. a. O. S. 50.