32 II. Teil. Die Grundlagen des hess. Verfassungsrechts.
hessischen Verfassungsurkunde bereits die Bedeutung eines
vom Wechsel der Fürstengeschlechter unabhängigen staats-
rechtlichen Prinzipes gewonnen. Jede Teilung des
Staatsgebietes, mag sie aus Gründen der Erbfolge oder
aus irgendwelchen anderen Ursachen erfolgen, erscheint
im Hinblicke auf HV. Art. 3 als eine Verfassungs—
änderung; die hessische Verfassung hat mit der patri—
monialen Auffassung der früheren Zeit, welche das Terri-
torium nach Art des Grundeigentums als frei veräußer—
liches und teilbares Privateigentum des Landesherrn
erscheinen ließ, nicht nur unbewußt und stillschweigend,
sondern bewußt und ausdrücklich gebrochen.“
3. Die Regierungsform des Großherzogtums ist die
der konstitutionellen Monarchie. Das monarchische Prin—
zip, auf dessen ausdrückliche Anerkennung und Formu—
lierung bei den Wiener Ministerkonferenzen des Jahres
1820 allgemein besonderes Gewicht gelegt wurde, kommt
in dem nach dem Vorbilde des Art. 57 der Wiener
Schlußakte? geformten Art. 4 der Verfassungsurkunde in
den Worten zum Ausdruck: „Der Großherzog ist das
Oberhaupt des Staats, vereinigt in Sich alle Rechte der
Staatsgewalt . . .“ Der Großherzog ist hiernach der
originäre („geborene“) und präsumptive Träger aller
1 Uber die Folgerungen, die sich aus dem Art. 3 HV. für die
Geltung der Erbverbrüderungen ergeben, s. unten S. 39f.
2 Art. 57 lautet folgendermaßen: „Da der deutsche Bund,
mit Ausnahme der freien Städte, aus souverainen Fürsten besteht,
so muß, dem hierdurch gegebenen Grundbegriffe zufolge, die ge-
sammte Staatsgewalt in dem Oberhaupte des Staats vereinigt
bleiben, und der Souverain kann durch eine landständische Ver-
fassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mit-
wirkung der Stände gebunden werden“ (s. Klüber, Quellen-
Sammlung zu dem öffentlichen Recht des Teutschen Bundes, 3. A.,
Erlg. 1830, S. 216).