48 II. Teil. Die Grundlagen des hess. Verfassungsrechts.
angehörigen aufgestellt wurde, enthalten die beiden Ar-
tikel des vierten Titels der Verfassungsurkunde (Art. 37
und 38) in Abweichung von diesem Grundsatze das An-
erkenntnis und die Garantie der besonderen Rechtsstel-
lung einer speziell privilegierten Klasse von Staatsan-
gehörigen, nämlich des Adels. Innerhalb des Gesamt-
begriffs „Adel“ wird in der hessischen Verfassungsurkunde
unterschieden zwischen „Standesherrn“ (Art. 37) und
„Adel“ schlechthin (Art. 38). Hierbei sind unter Standes-
herrn zu verstehen einmal die Häupter derjenigen ehe-
mals reichsunmittelbaren Familien, welche im alten
deutschen Reiche Landeshoheit und Reichsstandschaft, d.h.
Sitz und Stimme im Reichstage, besaßen, bei der Auf-
lösung des Reiches aber unter die hessische Souveränität
kamen, sodann weiter 1 „die Häupter derjenigen ehemals
reichsunmittelbaren Familien, welche nicht die eigentliche
Landeshoheit besaßen und nicht reichsständisch waren,
jedoch aus besonderen, auf ihrer Standesstellung zur
Reichszeit beruhenden Gründen durch spätere Beschlüsse
der Bundesversammlung oder durch besondere landes-
herrliche Verleihung die Rechte der Standesherrn er-
halten hatten.“ Den Standesherrn als dem „hohen
Adel“ steht gegenüber der gesamte übrige, sog. „niedere“
Adel, bestehend aus „den Nachkommen der ehemaligen
Reichsritterschaft (Reichsunmittelbare ohne Reichsstand-
schaft) beziehungsweise der adeligen Gerichtsherren, und
dem durch landesherrliche Verleihung geschaffenen Ge-
schlechtsadel.“
Bei der Regelung des besonderen Rechtszustandes der
Standesherrn war Hessen an die Vereinbarungen der
1. val. Heyer a. a. O. S. 1.
2 Vgl. Küchler 1, S. 208.