Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Erster Jahrgang. 1873. (1)

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Die Kosten werden alsdann bei dem Gerichte, dessen Urtheil bestätigt worden, mit den Kosten der 
früheren Instanzen, jedoch getrennt von denselben, in eine Ordonnanz zusammengefaßt, welche von 
dem Präsidenten dieses Gerichts festgesetzt und demnächst der Königlichen Regierung, in deren 
Bezirk das vorerkennende Gericht seinen Sitz hat, mitgetheilt wird. - 
.WenneinfreifprechendesurtheilbeidemReichs-Oberhandelsgerichteangefochtenundvonbem 
letzteren eine Verurtheilung ausgesprochen wird, so hat das Sekretariat ein Kostenverzeichniß nach 
Maßgabe des Artikels 163 des Kriminalkostentarifs vom 18. Juni 1811 anzufertigen, in welches 
die Strafe sowie die sämmtlichen Kosten, und zwar die bel dem Reichs-Oberhandelsgerichte erwach- 
senen getrennt von den übrigen, aufzunehmen sind. Dieses Verzeichniß ist der betreffenden Regierung 
einzusenden, welche auf Grund desselben die Einziehung der Kosten bewirkt und demnächst den auf 
das Reichs-Oberhandelsgericht entfallenden Theil der letzteren an die Stadtgerichts-Salarienkasse 
(Abthellung für Reichskassen-Sporteln) in Berlin abführt. 
Berlin, den 12. Februar 1873. 
Das Reichskanzler-Amt. 
  
3. Heimath-Wesen. 
  
In Sachen des Landarmenverbandes der Oberlausitz wider den Ortsarmenverband Spremberg hat das Bundes- 
amt für das Heimathwesen die in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. März 1873 von einer 
Partei vorgebrachten neuen Thatsachen nicht berücksichtigt. 
Zur Begründung des damit ausgesprochenen Prinzips ist Folgendes angeführt: 
Nach §. 46 des Reichsgesetzes kann die Angabe der Beschwerden, sowie die Rechtfertigung der 
Berufung entweder zugleich mit der Anmeldung der letzteren oder innerhalb vier Wochen nach 
diesem Termine dem Gericht erster Instanz eingereicht werden. Hieraus erglebt sich, daß nach 
Ablauf dieser vier Wochen die Rechtfertigung der Berufung nicht mehr erfolgen kann. Weshalb 
das Wort „kann“ gewählt ist, ist Uar. In der ersten Alternative sollte ausgedrückt werden, daß 
Anmeldung und Rechtfertigung der Berusung in demselben Schriftsatze erfolgen könnten, was 
nach dem preußischen Civilprozeß unzulässig ist. Der Kürze halber hat man nun das Wort „kann" 
auch für die zweite Alternative beibehalten. 
Korrekter wäre die Fassung gewesen: Die Rechtfertigung der Berufung kann zugleich mit der Anmel- 
dung erfolgen, muß aber, wenn dies nicht geschehen, innerhalb vier Wochen nach diesem Termine eingereicht 
werden. Daß dies der Sinn der Vorschrift ist, ergiebt sich unzweifelhaft aus §. 47, wonach die Gegen- 
erklärung des Appellaten innerhalb vier Wochen einzureichen ist, also eingereicht werden muß, da der Appellat 
doch offenbar nicht schlechter gestellt werden sollte, als der Appellant. Ganz abgesehen davon, liegt aber schon 
in der Bestimmung der Präklusiofrist an sich, daß innerhalb derselben die Rechtfertigung der Berufung ein- 
gereicht werden muß, nach Ablauf derselben also nicht mehr eingereicht werden kann. 
Hat nun die Versäumung der Präklusivfrist nicht die Folge, daß das Rechtsmittel desert wird, und 
muß dieselbe doch irgend eine rechtliche Bedeutung haben, so kann diese Bedeutung nur darin #hlunden 
werden, daß nach Ablauf der Frist die Berufung nicht mehr durch Anführung neuer Thatsachen oder Beweise, 
welche innerhalb der Frist geltend gemacht werden konnten, aber nicht geltend gemacht worden sind, gerecht- 
fertigt werden darf. Unmöglich läßt sich annehmen, daß der Gesetzgeber eine solche Präklusivfrist angeordnet 
hat, nicht um an die Versäumung prejudizielle, materielle Wirkungen zu knüpfen, sondern nur wegen des 
Geschäftsganges, damit vielleicht die Akten nicht zu lange bei dem Gerichte erster Instanz liegen bleiben, oder 
damit * der Regel nach überhaupt Schriftsätze bei den Akten sind, wenn solche dem Berufungsrichter 
eingereicht werden. 
1 3sd gegertheilige Ansicht würde aber noch zu anderen Konsequenzen führen, welche das Gesetz nicht 
gewollt haben kann. 
Die §§. 46 ff. ergeben unzweideutig, daß die Instruktion des Rechtsmittels bel dem Gerichte erster 
Instanz, und zwar durch Schrist und Gegenschrift erfolgen soll. Wollte man nur annehmen, daß die Berufung 
auch noch nach Ablauf der Präklusiofrist durch Anführung neuer Thatsachen oder Beweise gerechtfertigt werden 
könnte, so würde die Instruktion des Rechtsmittels in die zweite Instanz, und zwar, da in letzterer ein 
Schriftwechsel nicht stattfindet, in die mündliche Verhandlung derselben verlegt werden. Das Resultat
	        
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