& 4l. Die Rechtssätze des Seekriegsrechtes. 315
einzelne Abkommen verschiedene Fragen des Seekriegsrechtes geregelt
(Abkommen 6 bis 11); und auch die Londoner Konferenz von 1909,
die fast ausschließlich die Rechtsstellung der Neutralen behandelt,
bringt keine zusammenfassende, etwa der Landkriegsordnung ent-
sprechende, Regelung des Seekriegsrechts. Die analoge Anwendung der
Abkommen über den Landkrieg ist mehrfach, so auch von der zweiten
Friedenskonferenz empfohlen worden; sie ist aber doch nurin sehr engem
Umfang durchführbar. Dazu kommt die rasche Entwicklung der Tech-
nik (Tauchboote usw.), der gegenüber gewohnheitsrechtliche Regeln wie
getroffene Vereinbarungen binnen kurzer Frist versagen. Gerade deshalb
war dem internationalen Prisenhof die wichtige Aufgabe der Weiter-
bildung des Völkerrechts übertragen worden (unten $ 43).
Zu Beginn des Weltkrieges konnte man annehmen, daß die Lon-
‚doner Erklärung, obwohl nicht ratifiziert (oben S.33), von allen Krieg-
führenden als Richischnur ihres Verhaltens beobachtet werden würde.
Hatte doch Deutschland schon 1909 seiner Prisenordnung (unten 843 Il)
die Londoner Erklärung in engstem Anschluß zu Grunde gelegt; und
Italien hatte sie 1911 im Kriege gegen die Türkei als verbindlich aner-
kannt. In der Tat erklärten die kriegführenden Mächte 1914, sich an
sie halten zu wollen. Aber alsbald begann England, Schritt für Schritt
die Bestimmungen der Erklärung zu beseitigen, bis es durch die Order
vom 7.Juli 1916 sich vollständig von ihr lossagte; seine Verbündeten
folgten ihm?). Damit hatte jede der Mächte, soweit nicht gewohnheits-
R.J. XVI113. Bulmerincg, R. J. XI 561, XII 187, XIIl 447, XIV 114. Leroy,
La guerre maritime. 1900. Duboc, Le droit de visite et la guerre de course.
1902. v.Mirbach, Die völkerrechtlichen Grundsätze des Durchsuchungsrechts
zur See. 1903. Loewenthal, Das Untersuchungsrecht des internat. Seerechts
in Krieg und Frieden. 1905. Liepmann, Der Kieler Hafen im Seekrieg. 1906.
Fell, Das Durchsuchungsrecht im Seekrieg, Würzburger Diss. 1908. Zorn,
Die Fortschritte des Seekriegsrechts durch die zweite Haager Friedenskonferenz
(Festgabe für Laband). 1908. Fitger, Das Seekriegsrecht nach den Beschlüssen
der internat. Konferenzen usw. 1909. Niemeyer, Das Seekriegsrecht nach
der Londoner Deklaration usw. 1910. Dupuis, Le droit de la guerre maritime
etc. 1911. Bernsten, Das Seekriegsrecht 1911. Ullmann, Jahrbuch des öffent-
lichen Rechts der Gegenwart IV 1. Baty, Britain and sealaw. 1911. Higgins,
K.Z. VI 19 (über Kriegsberichterstatter im Seekrieg). Allfeld, Die völker-
rechtswidrigen Mitte] der englischen Seekriegsführung, 1914. Pchöd6&cki, Le droit
internat. maritime et la grande guerre. 1916. Pohl, England und die Londoner
Deklaration. 1915. Derselbe, Englisches Seekriegsrecht im Weltkrieg. 1917.
de LouterII296. Oppenheim II216. Perels 159. NysIII 397. G. Wilson,
Naval War College; seit 1901. Frank, Das Seekriegsrecht in gemeinverständ-
lichen Vorträgen. 1916.
2) Vgl. Die Deutsche Denkschrift vom 10. Oktober 1914 über die Stellung
Englands und Frankreichs zur Seekriegsrechts-Erklärung. Die englische Order
ist abgedruckt K.Z. X 199. Die Lossagung Frankreichs erfolgte ebenfalls am
7. Juli 1916. Vgl. dazu die deutsche Vdg. vom 22. Juli 1916 (RGBlI. 8. 773).