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5. Heimath- Wesen.
Zwei Erkenntnisse des Bundesamts für das Heimathwesen.
A. Hat die höchste landesgesetzliche Instanz über einen die örtliche Abgrenzung zweier Armenverbände
betreffenden Streitpunkt entschieden, so ist die desfallsige Entscheidung als elne endgültige auch für
das Bundesamt bindend (§. 41 des Reichsges. v. 6. Juni 1870).
B. Erhebt sich dagegen ein solcher Streltpunkt erst in der bei dem Bundesamte anhängigen Instanz,
hat dieselbe also der höchsten landesgesetzlichen Instanz noch nicht zur Entscheidung vorgelegen, so ist
das Bundesamt durch den §. 41 cit. nicht gehindert, selbst darüber Entscheidung zu treffen.
Zu A.
Der Armenverband der Stadt Berlin verlangte von dem Armenverbande Cloeden Erstattung der
auf einen hülfsbedürftigen Knaben verwendeten Armenpflegekosten mit der Behauptung, daß der Vater des
Knaben, der Schmled F., durch mehrjährigen Aufenthalt auf dem zur Domäne Cloeden gehörigen Vorwerke
„der Rettig" in dem durch die Domäne und mehrere dem Forstfiskus gehörige Gebäude gebildeten Bezirke des
verklagten Armenverbandes Unterstützungswohnsitz erworben habe. Der Verklagte bestritt dieses und behauptete
namentlich, der F. habe sich nicht in seinem Bezirke, sondern in demjenigen der bäuerlichen Gemeinde Cloeden
aufgehalten und zwar in dem, vormals einem gewissen Schuster gehörigen Hause, welches auf einem ebensalls
"der Rettig“ genannten Areale belegen, von dem Pächter der Domäne vor längeren Jahren eigenthümlich er-
worben und dazu eingerichtet worden sei, um den auf der Domäne beschäftigten Arbeitern in der Nachbarschaft
dle auf der Domäne nicht vorhandenen Wohnungen gewähren zu können. Die Deputation für das Heimalh-
wesen zu Merseburg erklärte es für nicht erwiesen, daß das Haus, in welchem der F. während der entscheidenden
Zeit gewohnt habe, zum Bezirke des verklagten Armenverbandes gehörig gewesen sei und wies deshalb die
Klage ab.
Das Bundesamt hat diese Entscheidung am 30. März 1874 bestätigt und dabei Folgendes ausgeführt:
Es kann auf die Erörterung aller sonstigen streitig gebliebenen Fragen nicht welter ankommen,
wenn das Grundstück, auf welchem der Vater und nach dessen Tode die Mutter des in Berlin ver-
pflegten Knaben während der zum Erwerbe des Unterstützungswohnsitzes erforderlichen Zeit gewohnt
haben soll, nicht zum Bezirke des Armenverbandes gehört hat, welcher durch die Domäne Cloeden
In Verbindung mit dem Königlichen Forstfiskus, in Ansehung der dem letzteren gehörigen Gebäude,
gebildet wird. Denn damit fällt die unerläßliche Voraussetzung jedes Erstattungsanspruchs an diesen
Armenverband fort. Ob dies aber dennoch der Fall oder ob das fragliche Grundstück zu elnem Areale
gehörte, welches ebenfalls wie das Vorwerk der Domäne „der Rettig“ genannt wird, aber zum Bezirle
des Armenverbandes der Gemeinde Cloeden gehört, erscheint lediglich als eine Frage über die
örtliche Abgrenzung zweier Armenverbände unter einander, rücksichtlich welcher es nach §. 41 des
Reichsgesetzes endgültig bei der Entscheidung der höchsten landesgesetzlichen Instanz — hier der
Deputation für das Heimathwesen — bewendet, mit welcher mithin das Bundes-Amt im Wege der
Berufung nicht weiter befaßt werden kann. Die Deputation hat nun in ihrem Erkenntnisse dahin
entschieden, daß der Kläger den Beweis, das Grundstück, auf dem der etc. F. mit seiner Familie
gewohnt hat, gehöre zum Domänenbezirk Cloeden, nicht beigebracht habe und es ist damit fur die
gegenwärtige Sache endgültig festgestellt, daß nach der Begrenzung der beiden Armenbezirke das
fragliche Grundstück nicht zu demjenigen der Domäne Cloeden gehört. Ob die Deputation hierbei
über die Beweislast richtig geurtheilt, ob sie die vom Kläger in Bezug genommenen Beweismtttel
sachgemäß gewürdigt hat, sind Fragen, welche, da die desfallsige Entscheidung der Kritik des
Bundesamts nicht weiter unterliegt, hier nicht mehr erörtert werden können. —