Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zweiter Jahrgang. 1874. (2)

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Die Haftpflicht der Eisenbahnen für Verlust oder Beschädigung des Guts während der Zeit von der 
Auslieferung desselben bis zur Abstempelung des Frachtbriefes, soweit sie gesetzlich begründet ist, wird hierdurch 
nicht berührt. 
Der Ablieferung an den Adressaten steht die Ablieferung an Zoll- und Revisionsschuppen nach Ankunft 
des Gutes auf der Bestimmungsstation, sowie die nach Maßgabe dieses Reglements stattfindende Ablieferung 
des Gutes an Lagerhäuser oder an einen Spediteur gleich. 
Als in Verlust gerathen ist das Gut erst vier Wochen nach Ablauf der Lieferungszeit zu betrachten. 
Durch Annahme des Gutes seitens des im Frachtbriefe bezeichneten Empfängers oder seiner Leute oder der- 
jenigen Personen, an welche die Ablieferung gültig erfolgen kann, und durch Bezahlung der Fracht erlischt jeder 
Anspruch gegen die Eisenbahn. Nur wegen Verlustes oder Beschädigungen, welche bei der Ablieferung äußer- 
lich nicht erkennbar waren, kann die Elsenbahn auch nach Annahme des Gutes und Bezahlung der Fracht in 
Anspruch genommen werden, jedoch nur, wenn die Feststellung des Verlustes oder der Beschädigung ohne Ver- 
zug nach der Entdeckung nachgesucht und der Anspruch innerhalb 4 Wochen bel der Eisenbahnverwaltung schrift- 
lich angemeldet worden ist, und wenn bewiesen wird, daß der Verlust oder die Beschädigung während der Zeit 
seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung entstanden ist. 
Außerdem verjähren alle Ansprüche wegen gänzlichen Verlustes des Gutes nach einem Jahre, von dem 
Ablaufe des Tages an gerechnet, an welchem die Ablieferung hätte bewirkt sein müssen, und, sofern das Gut 
angenommen, die Fracht aber nicht bezahlt ist, alle Ansprüche wegen Verminderung oder Beschädigung des 
Gutes nach einem Jahre von dem Ablaufe des Tages an, an welchem die Ablieferung geschehen ist. 
In allen Verlust- und Beschädigungsfällen haben die Eisenbahnverwaltungen die eingehendsten Recherchen 
anzustellen und auf Erfordern der Berechtigten aktenmäßige und genaue Mittheilungen über das Resultat der 
Nachforschungen zu geben. 
Bei Empfangnahme der Entschädigung kann der Entschädigungsberechtigte beanspruchen, daß er, falls 
das in Verlust gerathene Gut später gefunden wird, hiervon benachrichtigt werde. Ueber den erhobenen An- 
spruch ist ihm eine Bescheinigung zu ertheilen. 
Innerhalb 8 Tagen nach erhaltener Nachricht kann der Berechtigte gegen Rückerstattung der erhaltenen, 
um den Betrag der ihm für versäumte Lieferfrist gebührenden Entschädigung zu kürzenden Summe verlangen, 
daß das wiedergefundene Gut von dem Orte, wo dasselbe gefunden wurde, bis zu dem im Frachtbriefe ange- 
gebenen ursprünglichen Bestimmungsort kostenfrei geliefert werde. 
Ist an einem Gute eine Verminderung oder eine Beschädigung eingetreten so hat die Eisenbahn in 
Gegenwart von unparteiischen Zeugen, und wo möglich in Gegenwart des Reklamationsberechtigten das Gewicht 
und den sonstigen Thatbestand und nach Umständen unter Beiziehung von Sachverständigen den an dem Gute 
eingetretenen Schaden feststellen zu lassen. 
Will der Reklamationsberechtigte sich mit der Eisenbahn über die von letzterer zu leistende Entschädi- 
gung im außergerichtlichen Wege ausgleichen, so hat er noch vor dem Empfange, beziehungsweise vor der Zurück- 
nahme des Gutes den Thatbesland anzuerkennen und seinen Ersatzanspruch anzumelden. 
Stellt er sich hierbei mit dem Ausspruche der von der Eisenbahn beigezogenen Sachverständigen nicht 
zufrieden, so sleht es ihm frei, den Schaden durch vom Handelsgerichte oder in dessen Ermangelung vom Richter 
des Ortes ernannte oder durch bei dem Gerichte bereits ständig bestellte Sachverständige feststellen zu lassen. 
Eine angemeldete Reklamation ist mit einem den Werth des Gutes nachweisenden Dokumente, und 
wenn das Gut in Empfang genommen wurde, auch mit dem Frachtbriefe belegt, binnen der gesetzlichen Ver- 
jährungsfrist wirklich einzubringen, und muß solche mit thunlichster Beschleunigung von der Eisenbahn beant- 
wortet und erledigt werden. 
§. 65. 
Beschränkung der Haftpflicht für Güter, welche nicht nach Eisenbahnstationen bestimmt sind. 
Wird Gut mit einem Frachtbriefe zum Transport übernommen, in welchem als Ort der Ablleferung 
ein nicht an einer anschließenden Eisenbahn liegender Ort bezeichnet ist, so besteht die Haftpflicht der Eisenbahnen 
als Frachtführer nicht für den ganzen Transport, sondern nur für den Transport bis zu dem Orte, wo der
	        
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