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6. Marine und Schiffahrt.
Nach einer Mittheilung aus Malta unterliegen dort in Folge des Auftretens der Pest in der Nähe von
Bengazi Schiffe, welche aus Tripolis kommen, einer zehntägigen, Schiffe aus anderen Häfen der Regentschaft
aber einer einundzwanzigtägigen Quarantaine.
In Apenrade wird mit der nächsten Seesteuermanns-Prüfung am 6. August d. Js. begonnen werden.
7. Heimath- Wesen.
Armenpflege im Falle der Unterbringung einer obdachlosen Familie.
In Sachen Clannin wider Griebnitz wurde zwischen den Parteien darüber gestritten, ob die von dem
Ortsvorstande zu Clannin mit Wohnung versehene Familie B. wegen ihrer Hülfsbedürftigkelt der Armenpflege
verfallen, oder im polizeilichen Wege untergebracht worden sei. Im Gegensatze zu dem Erkenninisse erster Instanz
hat das Bundesamt für das Heimathwesen das Erstere angenommen und in den Gründen der am 27. Juni
1874 gefällten Entscheidung Folgendes ausgeführt:
Kläger findet sich mit Recht dadurch beschwert, daß er in erster Instanz mit dem Anspruche
auf Uebernahme der Familie B. und auf Erstattung des Aufwandes für wohnliche Unterbringung
derselben abgewiesen worden ist.
Die zwischen den Parteien allein streitige Hilfsbedürftigkeit des Invaliden B., deren Nach-
weis der erste Richter für nicht geführt erachtet, ist durch die Anordnung der Armenpflege seitens
des Landraths-Amtes des Kreises Bublitz allerdings nicht, wie Kläger annimmt, unwiderleglich dar-
gethan, geht aber aus den als Beweismittel benannten und in jetziger Instanz beigezogenen Akten
des Landwehr-Bezirks-Kommando's Köslin und der Kreisgerichts-Kommission Bublitz zur genüge
hervor.
Nach den in den Akten der erstgenannten Behörde vorliegenden ärztlichen Gutachten ist die
Arbeitskraft des Invaliden V. in Folge seines Lungenleidens und der dadurch bedingten Körper-
schwäche so beeinträchtigt, daß er im Jahre 1871 als temporär ganz erwerbsunfähig, und im Jahre
1873 als dauernd größtentheils erwerbsunfähig anerkannt wurde. Durch dieselben Akten bestätigt
sich die Behauptung des Klägers, daß seine Familie aus einer Frau und fünf unerzogenen Kindern
besteht. Von der Wartung der Kinder und dem Hausalte ist auch die Thätigkeit der Frau, was
keines besonderen Beweises bedarf, dergestalt in Anspruch genommen, daß sie durch eigene Arbeit
keinen erheblichen Beitrag zur Beschaffung des nothwendigen Lebensunterhaltes der Familie zu
liefern vermag. Erwägt man nun, welchen Aufwand die Ernährung einer aus zwei erwachsenen
Personen und fünf kleinen Kindern bestehenden Familie der Armenpflege auch in ländlichen Ver-
bältnissen verursacht — die Sätze des preußischen Tarifs vom 21. August 1871 gewähren einen
Anhalt dafür — so bedarf es keiner weiteren Beweiserhebung, um zu der Ueberzeugung zu ge-
langen, daß die dem etc. B. zustehende Invaliden-Pension von 7 Thlr. monatlich nebst dem geringen
Arbeitsverdienste der B.'schen Eheleute nicht ausreicht, den nothwendigen Bedarf zu decken. Daraus
erklärt es sich zugleich, daß es dem etc. B., wie die Akten der Kreisgerichts-Kommission Bublitz er.
geben, nicht gelingen wollte, ein Unterkommen zu finden, selbst zu einer Zelt, wo er noch 12 Thlr.
monatlich als Invaliden-Pension bezog, und daß die Armenpflege eintreten mußte, um ihm Wohnung
zu verschaffen. Als polizeiliche Maßregel und nicht als Akt der Armenpflege
karakterisirt sich die wohnliche Unterbringung, wenn obdachlose Personen, obgleich
an sich nicht unterstützungsbedürftig, wegen Wohnungsmangels oder wegen Nach-
lässigkeit in der Beschaffung einer Wohnung, vorläufig untergebrcht werden müssen.
Für diese Annahme fehlt es jedoch im gegenwärtigen Falle an dem erforderlichen Anhalte. Viel-
mehr ist nach allem was vorliegt, als festgestellt zu erachten, daß die Gewährung des Obdaches