Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Dritter Jahrgang. 1875. (3)

                                                — 627 — 
                                                                                Anlage 2. zu §. 91. 
                                      Prüfungs-Orduung 
                                 zum einjährig-freiwilligen Dienst. 
                             I. Gegenstände der Prüfung. 
                                                     §. 1. 
Die zur Prüfung Zugelassenen werden in Sprachen und in Wissenschaften geprüft. 
Die sprachliche Prüfung erstreckt sich, neben der deutschen, auf zwei fremde Sprachen, wobei dem 
Examinanden die Wahl gelassen wird zwischen dem Lateinischen, Griechischen, Französischen und Englischen. 
Die wissenschaftliche Prüfung umfaßt Geographie, Geschichte, deutsche Literatur, Mathematik und 
Naturwissenschaften. 
                                             §. 2. 
Hinsichtlich der einzelnen Prüfungsgegenstände werden nachstehende Anforderungen gestellt. 
a) Sprachen. 
In der deutschen Sprache muß der Examinand die erforderliche Uebung und Gewandtheit 
besitzen, um sich, mündlich und schriftlich, ohne grammatikalische oder logische Fehler, so auszu- 
drücken, wie man es von einem jungen Manne seines Alters, der auf Bildung Anspruch macht, 
verlangen kann. 
In den beiden alten Sprachen genügt, insofern in denselben nach §. 1 geprüft wird, 
die Kenntniß der Hauptregeln aus der Kasus-, Tempus= und Moduslehre, die Fähigkeit, einen 
leichteren Abschnitt aus einem Prosaiker (Julius Caesar, Cicero, Livius, Tenophon), sowie leichtere 
Dichterstellen im epischen Versmaß, mit Aushülfe für einzelne seltener vorkommende Vokabeln, 
sonst aber mit Sicherheit und Geläufigkeit zu übersetzen, auch über die vorkommenden Formen 
und die einschlagenden grammatikalischen Regeln Auskunft zu geben. Daneben wird für das 
Lateinische die Uebersetzung eines leichten deutschen Diktates ohne wesentliche Verstöße gegen die 
grammatikalischen Regeln verlangt. 
In den beiden neueren Sprachen wird erfordert: neben richtiger Aussprache und Kennt- 
niß der wichtigeren grammatikalischen Regeln die Fähigkeit, prosaische Schriften von mittlerer 
Schwierigkeit (im Französischen beispielsweise Voltaire's Charles XII., Barthélémy's voyage du 
Jeune Anacharsis, Féndlon's Télémaque, Michaud's histoire des croisades, Ségur's histoire 
universelle, Pleetz's Chrestomathie und dergleichen, im Englischen beispielsweise Goldsmith's 
Vicar of Wakefield, Walter Scott's tales of a grandfuther, W. Irving's sketch-book und 
dergleichen) mit einiger Leichtigkeit und Sicherheit in gebildeter Sprache zu übersetzen, auch ein 
deutsches, leichtes Thema ohne erhebliche Verstöße gegen die Orthographie, Wortstellung und Satz- 
bildung in das Englische oder Französische zu übertragen. 
b) In der Geographie: Kenntniß der Hauptsachen aus der mathematischen Geographie (Stellung 
und Bewegung der Himmelskörper, Planetensystem, Fixsterne, Kometen, Mond= und Sonnen- 
finsternisse, Erklärung der Jahres= und Tageszeiten, Eintheilung der Erde, Aequator, Längen= und 
Breitengrade, Wendekreise, Zonen, Pole u. s. w.
	        
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