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8. E i s e n b a h n - W e s e n.
Bekanntmachung,
betreffend das Bahnpolizei-Reglement für die Eisenbahnen Deutschlands.
Vom 4. Januar 1875.
In Gemäßheit der Artikel 42 und 43 der Reichsverfassung hat der Bundesrath des Deutschen Reichs an
Stelle des Bahnpolizei-Reglements für die Eisenbahnen im Norddeutschen Bunde vom 3. Juni 1870 (Bun-
des-Gesetzblatt pro 1870, Seite 461) und des Nachtrages zu demselben vom 29. Dezember 1871 (Reichs-
Gesetzblatt pro 1872, Seite 34) das nachfolgende
Bahnpolizei-Reglement
für die
Eisenbahnen Deutschlands
beschlossen:
I. Zustand, Unterhaltung und Bewachung der Bahn.
§. 1.
Die Bahn ist fortwährend in einem solchen baulichen Zustande zu halten, daß dieselbe ohne Gefahr
und, mit Ausnahme der in Reparatur befindlichen Strecken, mit der im §. 26 festgestellten größten zulässigen
Geschwindigkeit befahren werden kann. Diejenigen Strecken, welche nicht mit dieser Geschwindigkeit befahren
werden dürfen, sind als solche durch bestimmte, vom Zuge aus sichtbare Signale zu bezeichnen.
Die Bahnhöfe sind durch Signale geschlossen zu halten und nur für die Einfahrt der Züge zu öffnen.
Strecken, welche wegen Ausführung von Auswechselungen, Reparaturen, geöffneter Drehbrücken ect.
oder aus sonstigem Grunde unfahrbar sind, müssen in genügender Entfernung von den betreffenden Stellen
und während der ganzen Dauer der Unfahrbarkeit, auch wenn kein Zug erwartet wird, durch Signale abge-
schlossen werden (siehe §. 46 Al. 3).
§. 2.
Sämmtliche Geleise, auf denen Züge bewegt werden, sind in solcher Breite freizuhalten, daß min-
destens das auf beigefügtem Blatte dargestellte Normalprofil des lichten Raumes für die freie Bahn und für
die Bahnhöfe vorhanden ist.
Inwieweit Abweichungen vom Normalprofil des lichten Raumes zu gestatten sind, bestimmt der
Bundesrath.
An Ladegeleisen, welche nicht von durchgehenden Zügen befahren werden, kann nach Art ihrer Be-
nutzung eine Einschränkung des Normalprofils von der Aussichtsbehörde zugelassen werden.
§. 3.
Es sind Vorkehrungen zu treffen, daß die Stellung derjenigen Weichen, welche außerhalb der Bahn-
höfe liegen, in einer Entfernung von 300 Metern zu erkennen ist.
Die Weichen außerhalb der Bahnhöfe müssen, so lange sie nicht bewacht sind, verschlossen ge-
halten werden.
Bei beweglichen Brücken sind Einrichtungen zu treffen, welche die richtige Stellung der im §. 1 ge-
dachten Signale für die Dauer der Unfahrbarkeit sichern.
In den Hauptgeleisen für durchgehende Züge sind Drehscheiben und Schiebebühnen mit versenkten
Geleisen unzulässig.
Die Kreuzung einer Bahn durch eine andere Bahn soll außerhalb der Stationen thunlichst nicht in
gleicher Ebene der Schienen, sondern durch Ueberbrückung hergestellt werden.
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