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1908) das preußische Oberlandesgericht in Celle
tätig (früher Oldenburg). Der Landeskassenetat
(Staatshaushalt) ist vom Domanialhaushalt scharf
getrennt. Durch das Verfassungsgesetzvom 17.Nov.
1868 wurde ein Domanialabkommen getroffen,
nach welchem die zum Domanium gehörenden Ver-
mögensobjekte und der Anteil an den Schaum-
burger Gesamtkohlenbergwerken als Fideikommiß=
gut dem regierenden Haus zugestanden wurde.
Der Landeskassenetat betrug in Einnahmen
(214 000 M aus den Domänen, 340 000 M aus
Steuern) und Ausgaben je 885 000 M. Die
Staatsschuld beläuft sich auf 180 000 MI. Nach
den Militärkonventionen mit Preußen vom
25. Sept. 1873 und 19. Mai 1874 bildet das
westfälische Jägerbataillon Nr 7 die Garnison
von Bückeburg. An Orden bestehen ein Schaum-
burg-Lippisches Ehrenkreuz (4 Klassen, 1890 ge-
gründet), verschiedene Verdienstkreuze usw. Das
Wappen ist in vier Felder geteilt und enthält die
Stammzeichen von Lippe, Schaumburg und
Shwalenberg Landesfarben sind: Weiß, Not,
lau.
4. Kirche und Schule. Vor der Glaubens-
spaltung gehörte das Gebiet des Fürstentums zu
dem von Karl d. Gr. gestifteten Bistum Minden.
Die Einführung der Reformation erfolgte in den
1560er Jahren nach dem Tod der beiden dem
Schaumburger Hause angehörenden Kölner Erz-
bischöfe Adolfs III. (gest. 1556) und seines
Bruders Anton (gest. 1558). Beider Bruder,
der regierende Graf Otto IV., wurde nach seiner
Heirat mit Elisabeth Ursula, der Tochter Herzogs
Ernsts des Bekenners von Braunschweig-Lüne-
burg, für die neue Lehre gewonnen. Die mecklen-
burgische Kirchenordnung von 1552 wurde ein-
geführt. Beim Tod des kinderlosen Grafen Ernst
(gest. 1622) kam nochmals ein katholischer Graf,
Jobst Hermann, zur Herrschaft, der aber gleich-
falls kinderlos starb (gest. 1636). Den Be-
mühungen Jobst Hermanns, seinen voraussicht-
lichen Nachfolger, den späteren Grafen Otto V.,
in der katholischen Lehre zu erziehen, trat Ottos
Mutter entgegen, die den Knaben zu ihrem Bruder,
dem Grafen Simon VII. zur Lippe, nach Detmold
bringen ließ, wo er im reformierten Bekenntnis er-
zogen wurde. Mit demreformierten Grafen Otto V.
(gest. 1640) erlosch der Mannesstamm der Schaum-
burger Linie. In dem nach der Erbregulierung
übrig gebliebenen Teil des Landes trat das gleich-
falls reformierte Haus Lippe (vgl. Sp. 894) die
Regierung an. Seitdem gehört die landesherr-
liche Familie dem reformierten Glauben an, wäh-
rend die evangelisch-lutherische Kirche Landeskirche
ist. Neben der reformierten Gemeinde in der
Hauptstadt Bückeburg, die namentlich durch Auf-
nahme von Hugenotten entstand, bildete sich später
(1763) noch eine solche in Stadthagen. Abgesehen
von einem großen Streit in den 1790er Jahren
infolge von Friedhofsangelegenheiten haben sich
Lutheraner und Reformierte im allgemeinen gegen-
Staatslexikon. IV. 3. u. 4. Aufl.
Schaumburg-Lippe.
898.
seitig vertragen. Die episkopale Gewalt steht der
Landesherrschaft auch über die lutherischen Kon-
fessionsverwandten rechtlich zu, weil sie schon zur
Zeit des Westfälischen Friedens dem reformierten
Glaubensbekenntnis zugetan war, dessen Bestim-
mungen (Art. 7, § 1 u. 2, Art. 13, 8 8) also
nicht zutreffen (Entscheidung des Reichskammer-
gerichts von 1792). Geistliche Oberbehörde für
die lutherische Landeskirche (18 Gemeinden) ist
das Konsistorium (Vorsitzender, ein geistliches und
ein weltliches Mitglied, alle drei vom Landesherrn
ernannt); die Konsistorialverfassung ist neuerdings
durch Einführung einer Kirchengemeindevertretung
(Gesetz vom 3. Febr. 1893) und einer Landes-
ynode (Synodalordnung vom 10. Mai 1900)
ergänzt worden. Für die Reformierten ist geist-
liche Oberbehörde das Ministerium; sie sind der
presbyterianisch verfaßten Konföderation der refor-
mierten Kirche in Niedersachsen angeschlossen.
Die wenigen Katholiken wurden auf Grund der
durch den Beitritt des Landes zum Rheinbund
(30. April 1807) eingegangenen Verpflichtungen
durch landesherrliches Reskript vom 3. Juli 1809
mit den „augsburgischen Konfessionsverwandten“
gleichgestellt. Vorher besaßen sie nur das exer-
citium religionis privatum. Das Reskript von
1809 gilt noch heute, nur daß durch die Verord-
nung vom 9. Dez. 1846 die freie Vereinbarung
der Eltern über die religiöse Erziehung ihrer
Kinder wieder aufgehoben wurde. Die geistliche
Jurisdiktionsgewalt übt der Bischof von Osna-
brück aus in seiner Eigenschaft als Provikar der
Nordischen Missionen. Seit 18883 besteht neben
der Missionspfarrei in Bückeburg noch eine solche
in Stadthagen. Die vom Bischof vorgeschlagenen
Missionäre werden vom Landesherrn bestätigt.
Vor der Amtsausübung müssen sie vor einem
staatlichen Beamten einen Homagialrevers unter-
zeichnen. Die Erhebung von Kirchensteuern ist
nicht gestattet. Staatliche Beiträge für kirchliche
Zwecke werden nicht gewährt. Pfarrer= und Lehrer-
gehälter werden bestritten durch den Provikar der
Nordischen Missionen (Bischof von Osnabrück).
Orden und Kongregationen werden nicht zu-
gelassen.
Das Volksschulwesen ist geregelt durch
das Gesetz vom 4. 1875. Die Pflicht zur
Errichtung und der öffentlichen
Volksschulen ist Schulgemeinden,
die von allen in dem Schulbezirk wohn-
haften Personen gebildet werden. Die Gewährung
staatlicher Beihilfen ist durch Gesetz vom 8. März
1905 geregelt. Die Volksschulen sind lutherisch;
wenn, nach dem Gesetz, die Mehrheit der Ge-
meindemitglieder aufhört lutherisch zu sein, soll
auch der gesetzliche Religionsunterricht nicht mehr
lutherisch sein. Da die Katholiken nirgends die
Mehrheit bilden, kommt diese Bestimmung für sie
nicht in Betracht. Auch wird an keiner öffentlichen
Volksschule an die katholische Minderheit, obgleich
gesetzlich zulässig, katholischer Religionsunterricht
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