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vor dem Verlassen der Fabrik sich die Hände gründlich reinigen, den Mund mit Wasser ausspülen und die
während der Arbeit benutzten Oberkleider oder Schürzen ablegen. -
§.12.
DerArbeitgeberdarfindenim§.IunterabigdbezeichnetenRäumennurPerfonenzurBe-
schäftigung zulassen, welche eine Bescheinigung eines approbirten Arztes darüber beibringen, daß sie nicht an
der Phosphornekrose leiden und vermöge ihrer Körperbeschaffenheit der Gefahr, von dieser Krankheit befallen
zu werden, nicht in besonderem Maße ausgesetzt sind. «
DieBescheinigungensindzusammeln,aufzubewahrenunddemAufsichtsbeamten(§.139bder
Gewerbeordnung) auf Verlangen vorzulegen.
8. 13.
Der Arbeitgeber hat die Ueberwachung des Gesundheitszustandes der von ihm beschäftigten Arbeiter
einem, dem Aufsichtsbeamten (s. 139 b der Gewerbeordnung) namhaft zu machenden approbirten Arzte zu
übertragen, welcher im Laufe des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieser Vorschriften monatlich, später
vierteljährlich mindestens einmal eine Untersuchung der Arbeiter vorzunehmen und den Arbeitgeber von jedem
ermittelten Falle einer Erkrankung an Phosphornekrose in Kenntniß zu setzen hat.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, von jeder unter den Arbeitern vorkommenden Erkrankung an Phosphor-
nekrose, sobald er durch den Fabrikarzt oder auf andere Weise davon Kenntniß erhält, dem Aufsichtsbeamten
schriftliche Anzeige zu erstatten. Er darf an der Phosphornekrose erkrankte Arbeiter nicht ferner in den im
§. 1 a bis d bezeichneten Näumen beschäftigen.
S. 14.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zur Kontrole über den Wechsel und Verbleib der Arbeiter ein Buch
zu führen, welches Vor= und Zunamen, Alter, Wohnort, sowie den Tag des Ein= und Austritts jedes
Arbeiters enthalten muß. In dieses Kontrolbuch hat der Fabrikarzt das Ergebniß seiner Untersuchungen
und den Tag der letzteren einzutragen. Dasselbe ist dem Aufsichtsbeamten (s. 139 b der Gewerbeordnung)
auf Verlangen vorzulegen.
S. 15.
In jedem Arbeitsraume muß eine Abschrift oder ein Abdruck des 8. 2 des Gesetzes vom 13. Mai 1884
und der §§. 1 bis 14 dieser Vorschriften sowie eine Anweisung für die in dem betreffenden Raume beschäftigten
Arbeiter an einer in die Augen fallenden Stelle aushängen. Ein Exemplar dieser Anweisung ist jedem Arbeiter,
welcher in den im §. 1 unter a bis d bezeichneten Näumen beschäftigt werden soll, einzuhändigen.
8. 16.
Neue Anlagen, in welchen Zündhölzer unter Verwendung von weißem Phosphor angefertigt werden
sollen, dürfen erst in Betrieb gesetzt werden, nachdem ihre Errichtung dem zuständigen Aufsichtsbeamten
(§. 1395 der Gewerbeordnung) angezeigt worden ist. Der letztere hat nach Empfang dieser Anzeige
Laest durch persönliche Revision festzustellen, ob die Einrichtung der Anlage den erlassenen Vorschriften
entspricht.
§. 17.
Im Falle der Zuwiderhandlung gegen §. 1 des Gesetzes vom 13. Mai 1884 und gegen die Ss§. 1
bis 16 dieser Vorschriften kann die Polizeibehörde die Einstellung des Betriebes bis zur Herstellung des vor-
schriftsmäßigen Zustandes anordnen.
§. 18.
Auf die zur Zeit des Erlasses dieser Vorschriften bestehenden Betriebe finden die Bestimmungen der
88. 1, 2, 3 Absatz 2 und §. 6 erst nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom
13. Mai 1884 Anwendung.
Für Anlagen, welche zur Zeit des Erlasses dieser Vorschriften im Betriebe standen, können Aus-
nahmen von den Vorschriften des §. 1 und des §. 2 Satz 1 durch den Bundesrath zugelassen werden, wenn
nach den bisherigen Erfahrungen anzunehmen ist, daß durch die vorhandenen Einrichtungen ein gefahrloser
Betrieb sichergestellt wird.
Berlin, den 11. Juli 1884. Der Reichskanzler.
In Vertretung: v. Boetticher.
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