— 331 — 3. Zoll= und Steuer-Wesen.
Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 26. v. Mts. folgenden Beschluß gefaßt:
An die Stelle des dritten Absatzes im §. 1 unter b 1 der Anleitung zur steueramtlichen
Ermittelung des Alkoholgehalts im Branntwein?) treten nachstehende Bestimmungen:
Wird bei einer solchen Prüfung das Vorhandensein der fraglichen Fälschungsmittel in dem
Branntwein festgestellt, so ist eine Probe von wenigstens einem Liter des verdächtigen Brannt-
weins zu entnehmen und zu identifiziren. Die Abfertigung des Branntweins ist alsdann
vorläufig zu versagen und letzterer, sofern nicht auf seine Abfertigung zur Ausfuhr oder zur
steuerfreien Verwendung zu gewerblichen u. s. w. Zwecken verzichtet wird, behufs Festhaltung
der Identität unter amtlichen Verschluß zu legen. Auf besonderen Antrag darf jedoch die
Abfertigung unter dem ausdrücklichen Vorbehalt vorgenommen werden, daß die Gewährung
einer Steuervergütung beziehungsweise die Abgabenfreiheit von dem Ergebniß der weiteren
Untersuchung des Branntweins abhängig bleibt.
Hat die Prüfung das Vorhandensein größerer Mengen von Fuselöl ergeben, so erfolgt die
weitere Untersuchung der Probe nach Maßgabe der Anlage 1 durch einen dazu bestellten ver-
eidigten Chemiker. Ist das Vorhandensein anderer Fälschungsmittel festgestellt, so ist die
Probe der Direktivbehörde zur weiteren Veranlassung einzureichen.
Die Kosten der Untersuchung fallen in dem Falle, daß durch das Ergebniß ein unzulässiger
srann des Branntweins an Fuselöl 2cc. festgestellt wird, den betheiligten Gewerbetreibenden
zur Last.
Berlin, den 8. Dezember 1891.
Der Reichskanzler.
In Vertretung: Freiherr von Maltzahn.
Anlage 1
zur Anleitung für die Ermittelung
des Alkoholgehalts im Branntwein.
Anweisung
zur Bestimmung des Fuselöls.
Die Bestimmung des Fuselöls erfolgt durch Ausschüttelung mit Chloroform.
« Man bestimmt das spezifische Gewicht des Branntweins mit der Westphalschen Waage und ent—
nimmt aus den Alkoholtafeln von Hehner den zugehörigen Alkohol-Volumenprozentgehalt. Die Ver—
dünnungstabelle I lehrt dann, wie viel Kubikzentimeter Wasser zu 100 cem Branntwein zuzusetzen sind,
damit ein Branntwein von 30 Volumenprozenten entstehe. Man mißt zu diesem Zweck 100 ccm des
Branntweins in einem Maßkölbchen bei 15,5° C. ab, gießt den Inhalt in eine 300 bis 400 cem fassende
Flasche, läßt die aus der Tabelle I sich ergebende Menge Wasser aus einer Bürette zufließen, wobei
elwa 50 cem Wasser zum Ausspülen des 100 cem Kölbchens dienen, schüttelt um, verstopft die Flasche,
kühlt sie auf 1556 C. ab und bestimmt von neuem das spezifische Gewicht mit der Westphalschen Waage.
7) Central-Blatt für 1889 Seite 321.
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