Object: Das Deutsche Reich zur Zeit Bismarcks.

Nalionalfeler zu Bismarcks 70. Geburtstag. 503 
Reiches erfolgen und Söhne von Lehrern höherer Schulen dabei bevorzugt werden. 
Werden die Stiftungseinkünste mangels geeigneter Bewerber nicht erschöpft, so sollen 
die nicht zur Verausgabung gelangten Beträge Witwen von Lehrern des höheren 
Lehrfaches für ihren Lebensunterhalt oder für die Erziehung ihrer Kinder zugewendet 
werden. Dem Herzog von Natibor als dem Vorsitzenden des Zentralkomitees und 
damaligen Präsidenten des preußischen Herrenhauses zeigte Fürst Bismarck am 
15. Jannar 1886 die Errichtung der „Schönhauser Stiftung“ an; der König hatte ihr 
am 8. August 1885 die Rechte einer juristischen Person verliehen. Fürst Bismarck 
bestimmte nun in dem Schreiben an den Herzog von Natibor, daß der jedesmalige 
Präsident des Herrenhauses die Aussicht über die Schönhauser Stiftung führen solle 
und sprach sich dann über die Gründe, welche ihn bewogen hatten, die Stistungs- 
einkünfte der Unterstützung deutscher Oberlehrer zuzuwenden, in folgenden edeln 
Worten aus: „Das höhere Lehrfach bedarf deshalb einer besonderen Unterstützung, 
weil es die Pflegstätte des nationalen Gedankens bildet und in seiner idealen Gesinnung, 
ohne welche der Lehrerstand seinem mühevollen und selten einträglichen Berufe nicht 
würde treu bleiben können, ein sittliches Gegengewicht zu dem Materialismus der Zeit 
darsiellt. Die Erhaltung und Pflege dieser Gesinnung bei der Jugend liegt in den 
Händen der Lehrer und ist für unsere nationale Entwickelung von hoher Bedentung.“ 
Der hohe Sinn des Stifters und die Größe seiner Gabe zu diesem Zwecke 
empfängt aber erst die rechte Beleuchtung, wenn man berücksichtigt, wie geringsügig 
zehntelangen hingebenden Amtsthätigkeit für Preußen und Deiuschland dankt. Hier 
scheint die richtige Stelle, darüber Zahlen reden zu lassen. Kaum ein englischer und 
französischer Staatsmann (von amerikanischen, russischen 2c. gar nicht zu reden) legt 
das Staatsruder, selbst nach kurzer Amtsdauer, aus der Hand, ohne für den Rest 
seines Lebens ein völlig sorgenfreies, ja sehr behagliches Dasein führen zu können. 
Dagegen ruht auf den Bismarckschen Besitzungen, trotz der bekannten rühmlichen 
Einfachheit des Lebens und Haushaltes des Fürsten, eine Hypothekenlast, welche eine 
jährliche Verzinsung mit etwa 120,000 Mark erfordert. Der Friedrichsruher Besitz 
rührt keineswegs ausschließlich aus einer Staatsschenkung her, sondern das eigent- 
liche Gut Friedrichsruh nebst dem benachbarten Aumühle, welche eine in Privatbesitz 
befindliche Enllave des Sachsenwaldes bildeten, sind vom Fürsten Bismarck erst zu 
Beginn der 80er Jahre für 240,000 Mark angekauft worden. Der Ertrag des 
Sachsenwaldes war, bei Ubereignung desselben an den Fürsten, nach Ausweis der 
Dotationsalten, auf 102,000 Mark jährlich veranschlagt worden. Während der 
für das Holzgeschäft besonders günstigen Gründerjahre von 1871—73 hat sich der 
Bruttoertrag dieses Besitzes vorübergehend wohl auf 240,000 Mark jährlich belausen, 
aber bei den beständigen Schwankungen land= und forstwirtschaftlicher Einnahmen 
stehen die Erträgnisse seither in gar keinem Verhältmis mehr zu jener in den paar 
Gründerjahren erzielten Summe; gleichwohl wird diese Summe in der Bismarck 
feindlichen Presse und Parteiagitation hartnäckig als die Nomrmalziffer seiner Ein- 
nahmen aus dem Sachsenwalde hingestellt.
	        
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