Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zwanzigster Jahrgang. 1892. (20)

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umgerechnet zu der direkt gefundenen Menge des letzteren hinzuzurechnen und die Summe der Be- 
rechnung zu Grunde zu legen. 
Der Invertzucker pflegt in den Abläufen zwar häufig inaktiv zu sein, kann aber doch auch 
die normale Linksdrehung besitzen und somit die Polarisation des vorhandenen Rohrzuckers zu gering 
erscheinen lassen. Deshalb ist es bei der Untersuchung von Zuckerabläufen nicht zulässig, in gleicher 
Weise, wie dies von Meissl für den festen Kolonialzucker vorgeschlagen worden ist, den gefundenen 
Invertzucker mit 0,34 zu multipliziren und die erhaltene Zahl der Polarisation zuzuzählen. Wollte 
man in dieser Weise verfahren, so würde in vielen Fällen der Zuckergehalt der Abläufe ihrem wirk- 
lichen Zuckergehalte gegenüber zu hoch ermittelt werden. Immerhin wird aber die Möglichkeit im 
Auge zu behalten sein, daß in Folge des Drehungsvermögens des Invertzuckers nach links bei 
Anwendung größerer Mengen desselben der Rohrzuckergehalt viel zu niedrig gefunden wird. Im 
Hinblick auf diese Verhältnisse erscheint im Allgemeinen die Berechnung des Gesammtzuckers aus 
der Polarisation und dem gefundenen Invertzucker nur in solchen Fällen statthaft, wo die Menge 
des Invertzuckers nicht über ein gewisses Maß hinausgeht. Beispielsweise würde bei Anwesenheit 
von 6 Prozent Invertzucker die Polarisation des Rübenzuckers bereits um 6 = 0,34 — 2,04 Prozent 
zu niedrig ausfallen können. Es empfiehlt sich daher, bei Zuckerabläufen im Allgemeinen von der 
optischen Methode der Zuckerbestimmung gänzlich abzusehen und die gewichtsanalytische anzu- 
wenden, für welche weiter unten unter a eine rasch auszuführende Arbeitsweise angegeben ist. 
Eine Ausnahme tritt ein bei Anwesenheit von Stärkezucker in den Abläufen. Da wir die 
Menge des vorhandenen Stärkezuckers nicht genau bestimmen können, und da ferner das Reduktions- 
vermögen des Stärkezuckers, welches bei der Handelswaare entsprechend einem Gehalt von ungefähr 
40 bis 60 Prozent Glukose schwankt, unter denjenigen Bedingungen, unter welchen die Inversion 
der Zuckerabläufe behufs Ausführung der gewichtsanalytischen Zuckerbestimmung vorgenommen wird, 
fast unverändert bleibt, so ist in Fällen, in denen solcher vorhanden ist, die gewichtsanalytische 
Methode zur Feststellung des gesammten Gehalts an Rohrzucker beziehungsweise des Quotienten 
nicht mehr anwendbar. Sie würde im Gegentheil zu großen Irrthümern führen und es würden 
Abläufe von einem OQuotienten über 70, nach dieser Methode untersucht, nach Zusatz einer gewissen 
Menge Stärkezucker als solche von einem Quotienten unter 70 erscheinen. Ist aber Stärkezucker 
zugegen, so wird die Linksdrehung des Invertzuckers auf die Polarisation des Zuckers gar nicht 
mehr wie bei unverschnittenen Abläufen wirken, weil der Stärkezucker ein ungleich höheres Rechts- 
drehungsvermögen besitzt als die anderen vorhandenen Zuckerarten. Um Täuschungen zu ver- 
hüten, welche durch Vermischen von Abläufen von einem Quotienten über 70 mit Stärkezucker leicht 
möglich sein würden, ist deshalb in allen Fällen, in denen Stärkezucker zugegen ist, der Gesammt- 
zuckergehalt aus der Polarisation und dem direkt zu bestimmenden Invertzucker zu be- 
rechnen, wie nachstehend unter b vorgeschrieben ist. 
Jeder Ablauf von 2 Prozent oder mehr Invertzuckergehalt ist demnach zuvörderst daraufhin 
zu prüfen, ob er etwa Stärkezucker enthält. 
In den Zuckerfabriken wird Stärkezucker den Rohrzuckerabläufen nur selten zugesetzt. 
Namentlich werden Melassen, welche zur Versendung nach Branntweinbrennereien oder Melasse- 
entzuckerungsanstalten bestimmt sind, Stärkezucker in der Regel nicht enthalten, weil sie sich in diesen 
Gewerbsanstalten nur schwierig würden verarbeiten lassen. Glaubt nun der untersuchende Chemiker 
auf Grund seiner Kenntniß des Ursprungs oder der Bestimmung des betreffenden Zuckerablaufs 
nach pflichtmäßigem Ermessen mit genügender Sicherheit annehmen zu können, daß der zu unter- 
suchende Ablauf Stärkezucker nicht enthält, so kann er von der bezüglichen Prüfung auf chemischem 
Wege absehen. Andernfalls hat die chemische Untersuchung auf Stärkezuckergehalt in folgender 
Weise stattzufinden: 
Das halbe Normalgewicht wird im Hundertkolben in 75 cem Wasser gelöst und mit 5 cem 
Salzsäure von 1119 spezifischem Gewicht bei 67 bis 70 C. invertirt. Darauf wird zu Hundert auf- 
gefüllt und mit ½ bis 1, bei dunklen Abläufen auch mit 2 bis 3g mit Salzsäure ausgewaschener 
Knochen= oder Blutkohle entfärbt, welche man in trockenem Zustande in den Hundertkolben bringt. 
Wendet man Blutkohle an, so ist ihr Absorptionsfaktor für Invertzucker, welcher nicht für alle Sorten 
gleich ist, zu bestimmen und die am Polarimeter abgelesene Zahl entsprechend zu berichtigen. Un- 
verfälschte Abläufe nehmen zwar erfahrungsgemäß häufig nicht ganz die normale Linksdrehung an, 
welche bei 20° C. gleich 0,)27 der ursprünglichen Rechtsdrehung ist, doch beträgt dieselbe immer
	        
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