Der König 55
2. Die Regierungsrechte des Königs.
Der König hat das Recht der Gesetzgebung und das Recht zum
Erlaß von Verordnungen (vgl. hierüber Nr. 155). Er beruft und
schließt den Landtag, ernennt die Minister und ernennt teils selbst
die übrigen Beamten, teils läßt er sie durch seine Organe ernennen.
In seinem Namen „Im Namen Seiner Majestät des Königs von
Bayern“ wird die richterliche Gewalt durch unabhängige Richter aus-
geübt, doch steht ihm das Recht zu, im Wege der Begnadigung Strafen
zu erlassen und zu mildern.
Die Person des Königs ist, wie die Verfassungsurkunde bestimmt,
„heilig und unverletzlich“, d. h. sie genießt durch die Strafgesetze einen
besonderen Schutz gegen Angriffe und untersteht ihrerseits keiner
strafrechtlichen 1 Verantwortlichkeit. Die Regierungshandlungen
des Königs muß jedoch ein Minister oder dessen Stellvertreter „gegen-
zeichnen“, d. h. mitunterschreiben. Ohne die Gegenzeichnung dürfen
die Anordnungen des Königs nicht vollzogen werden.5
3. Die Ehrenrechte des Königs.
Der König wird mit Majestät angeredet. Die große Titulatur
lautet: „Otto von Gottes Gnaden, König von Bayern, Pfalzgraf
bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken und in Schwaben usw.“6“
Dagegen untersteht der König auf dem Gebiete des Ver-
mögensrechtes den Gerichten.
*½2“ Die Minister oder deren Stellvertreter sind auf Grund eines
besonderen Gesetzes vom 4. Juni 1848 dem Landtage (nicht den einzelnen
Kammern des Landtags) wegen Verletzung der Staatsgesetze verant-
wortlich. Es kann gegen sie auf Veranlassung des Landtages ein beson-
deres Strafverfahren durchgeführt werden, das sich vor einem besonders be-
rufenen „Staatsgerichtshof“ abspielt, der aus rechtskundigen Richtern und
Geschworenen gebildet wird.
* Eingaben an den König haben die Ueberschrift zu tragen:
„Allerdurchlauchtigster, großmächtigster König! Allergnädigster König und
Herr!" Die Schlußformel lautet: „Alleruntertänigst treugehorsamst.“
Innerhalb der Eingabe ist zu schreiben: „Euer Königlichen Majestät“" und
„Allerhöchstdieselbe“.
Die Mitglieder des Königlichen Hauses führen den
Titel: „Königlicher Prinz“ oder „Königliche Prinzessin“ und das Prädikat:
„Königliche Hoheit“. Letzteres Prädikat gebührt auch den Mitgliedern der
berzoglichen Nebenlinie. Der Titel der letzteren ist: „Herzog oder Her-
zogin in Bayern.“ Der älteste Sohn des Königs führt den Titel: „Kron-
prinz“, dessen ältester Sohn den Titel: „Erbprinz.“ Die Mitglieder der
Königlichen Familie bilden eine bevorzugte Klasse. der Staatsangehörigen.
Sie genießen gewisse Ehrenrechte und Vorrechte auf dem Gebiete des Privat-
rechts und des öffentlichen Rechts. Die volljährigen Prinzen des König-
lichen Hauses sind Mitglieder der Kammer der Reichsräte. Die Volljährig-
keit tritt bei ihnen mit Zurücklegung des achtzehnten Lebensjahres ein; das
Stimmrecht in der Kammer der Reichsräte erhalten sie erst nach Vollendung
des einundzwanzigsten Lebensjahres.
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