Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1896. (24)

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Der Bundesrath hat-in seiner Sitzung vom heutigen-Tage den folgenden Beschluß gefaßt 
1. Die anliegenden Bestimmungen über den Handel mit denaturirtem Branntwein werden mit 
der Maßgabe genehmigt, daß sie am 1. April 1896 in Kraft treten. · 
2. Diejenigen Gewerbetreibenden, welche bereits mit denaturirtem Branntwein handeln und diesen 
Handel fortsetzen wollen, haben die in Ziffer 2 der Anlage vorgeschriebenen Anzeigen bis zum 
20. März 1896 einzureichen. 
Berlin, den 27. Februar 1896. 
Der Reichskanzler. 
In Vertretung: Dr. Graf v. Posadowsky-Wehner. 
  
Bestimmungen über den Handel mit denaturirtem Branntwein. 
Auf Grund der §§. 1 und 43e des Gesetzes, betreffend die Besteuerung des Branntweins, vom 
24.  Juni 1887 — . 
16.  Juni   1895     wird hiermit Folgendes bestimmt: 
1. Auf den Kleinhandel mit denaturirtem Branntwein findet §. 33 der Gewerbeordnung keine 
Anwendung. 
2. Wer mit denaturirtem Branntwein handeln will, hat dies 14 Tage vor Eröffnung des 
Handels der zuständigen Steuerbehörde und der Ortspolizeibehörde anzumelden. Ueber die erfolgte An- 
meldung ertheilt die Steuerbehörde eine Bescheinigung. 
3. Denaturirter Branntwein, dessen Stärke weniger als 80 Gewichtsprozente beträgt, darf nicht 
verkauft oder feilgehallen werden. 
4. Wer mit denaturirtem Branntwein handelt, hat in seinem Verkaufslokal an einer in die 
Augen fallenden Stelle und in deutlicher Schrift eine Bekanntmachung auszuhängen, wonach es verboten ist: 
a) denaturirten Branntwein, dessen Stärke weniger als 80 Gewichtsprozente beträgt, zu ver- 
kaufen oder feilzuhalten; 
b) aus denaturirtem Branntwein das Denaturirungsmittel ganz oder theilweise wieder aus- 
zuscheiden, oder dem denaturirten Branntwein Stoffe beizufügen, durch welche die Wirkung 
des Denaturirungsmittels in Bezug auf Geschmack oder Geruch verändert wird, und solchen 
Branntwein zu verkaufen oder feilzuhalten. 
5. Der Handel mit denaturirtem Branntwein kann seitens der Steuerbehörde untersagt werden, 
wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf diesen 
Gewerbebetrieb wahrscheinlich machen. Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde an die Direktivbehörde 
und die oberste Landesfinanzbehörde zulässig. Die Entscheidung der letzteren ist endgültig. Von jeder 
Untersagung ist der Ortspolizeibehörde Mittheilung zu machen. 
6. Die Beamten der Zoll= und Steuer= sowie der Polizeiverwaltung sind befugt, in die Räum- 
lichkeiten, in welchen denaturirter Branntwein feilgehalten wird, während der üblichen Geschäftsstunden 
oder während die Räumlichkeiten dem Verkehr geöffnet sind, einzutreten, den daselbst feilgehaltenen oder 
verkauften, denaturirten oder undenaturirten Branntwein zu untersuchen und Proben zum Zwecke der 
Untersuchung gegen Empfangsbescheinigung zu entnehmen. Auf Verlangen ist dem Besitzer ein Theil der 
Probe amtlich verschlossen oder versiegelt zurückzulassen. Für die entnommene Probe ist Entschädigung 
in Höhe des üblichen Kaufpreises zu leisten. 
Die weitergehenden Befugnisse, welche der Steuerverwaltung im §. 15 Absatz 2 des Regulativs, 
betreffend die Steuerfreiheit des Branntweins zu gewerblichen Zwecken, eingeräumt sind, werden hiervon 
nicht berührt. 
  
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