Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

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major Bihar. Ministerpräsident Baron Fejervary, der auch das Mini- 
sterium am Hoflager führen wird, trägt außerdem noch die Verantwortung 
für das Finanzministerium, das der Leitung des Staatssekretärs Popovics 
unterstellt wird. 
Am 18. wird folgendes Handschreiben des Königs publiziert: 
„Lieber Baron Fejervary! Mit großem Bedauern erfüllt es Mich, daß 
Ich bisher aus der Majorität des Abgeordnetenhauses des Reichstags 
Meiner treuen ungarischen Nation keine Regierung habe ernennen können, 
und zwar deshalb nicht, weil Mir die zur Majorität koalierten Parteien 
kein solches Regierungsprogramm vorgelegt haben, auf Grund dessen Ich 
einer aus ihren Reihen genommenen Regierung das Schicksal der Nation 
mit voller Beruhigung hätte anvertrauen können. Der bedauerliche Still- 
stand der schaffenden Tätigkeit der Gesetzgebung gereicht Meinem geliebten 
Ungarn wirtschaftlich und moralisch zu unberechenbarem Schaden. Aber 
Ich hoffe, daß jetzt nach Enthebung der Minoritätsregierung unter Ver- 
mittelung einer außerhalb der Parteien stehenden Regierung die von Mir 
sehnlichst erwünschte Ausgleichung der zutage getretenen Gegensätze es Mir 
bald ermöglichen wird, zur Regierung in Meinem geliebten Ungarn ein 
Ministerium aus den Reihen der Majorität zu berufen. Auf dem Gebiete 
der Reformen der inneren Verwaltung und der Volkswirtschaft sehe Ich 
gerne den Mir von der Majorität des Abgeordnetenhauses zu machenden 
Vorschlägen entgegen, und was die in den militärischen Fragen zum Aus- 
druck gelangten Wünsche betrifft, so habe Ich denselben im Laufe der Zeit 
und zuletzt in den von der Regierung im Jahre 1903 abgegebenen bin- 
denden Erklärungen nach Tunlichkeit bereits zugestimmt: Die infolgedessen 
von Mir in der Armee angeordneten Verfügungen konnten sich jedoch bei 
Voraugenhalten Meiner gesetzlichen Herrscherrechte und Meiner mit diesen 
verbundenen Pflichten stets nur in jenem Rahmen bewegen, der unbedingt 
eingehalten werden muß, um zu verhindern, daß die für beide Staaten 
der Monarchie gleich vitale Bedeutung habende Schlagfertigkeit der Armee 
gefährdet werde. Es würde Mir zur besonderen Freude gereichen, wenn 
es Ihnen infolge Ihrer Berührung mit den politischen Parteien gelänge, 
innerhalb der gezeichneten Grenzen eine Verständigung anzubahnen und 
dadurch die Ernennung einer Moajoritätsregierung zu serdesn. Budapest, 
18. Juni 1905. (gez.) Franz Joseph m. p. (gegengez.) Baron Geza 
Fejervary m. p.“ 
A. Juni. (Cisleithanien.) In der Budgetberatung spricht 
sich Ministerpräsident Frhr. v. Gautsch über allerlei schwebende 
Fragen aus: 
Die Regierung habe an die neue ungarische Regierung eine Reihe 
von Anfragen gerichtet, von deren Beantwortung die weiteren Schritte der 
Regierung abhängig sein würden. Sie stehe jedoch unentwegt auf der 
67er Basis und werde im entscheidenden Angenblick die österreichischen 
Interessen mit allem Nachdruck wahren. Bei der Besprechung der inner- 
politischen Fragen betont der Ministerpräsident, daß die Frage der slavischen 
Parallelklassen an den Lehrerbildungsanstalten Schlesiens in einer alle 
Parteien befriedigenden Weise werde gelbst werden. Auf die böhmische 
Frage übergehend, bedauert Redner, daß nicht genügend deutsche Kandidaten 
für die zu besetzenden Beamtenstellen vorhanden seien. Die Regierung 
werde zu einem geeigneten Zeitpunkte eine oder mehrere Gesetesvorlagen 
einbringen, die auch dem Gebrauch der 4schechischen Sprache im inneren 
Dienste in den tschechischen Bezirken Rechnung tragen würden. Weziiglich 
11“
	        
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