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Bei hochgradigen Geruchs- 2c. Abweichungen ist das Fleisch als untauglich zum Genusse für
Menschen zu erklären (§. 30 Nr. 2, §. 33 Nr. 16). Die Beurtheilung des Fleisches bei geringgradigen
Abweichungen steht dem Thierarzte zu (§. 31).
35. Fäulniß und ähnliche Zersetzungsvorgänge, Verschimmelung.
Erfolgt die Ausweidung der Thiere nicht alsbald nach dem Eintritte des Todes, so dringen vom
Darmkanal aus Fäulnißkeime in das Fleisch ein. Auch an der Oberfläche desselben kann die Fäulniß
einsetzen. Dies geschieht besonders dann, wenn das Fleisch in feuchtwarmen, dumpfen Räumen auf-
bewahrt wird, ungenügend ausgeblutet ist, von kranken Thieren herrührt, oder wenn bei der Ausschlachtung
nicht mit gehöriger Sauberkeit verfahren wurde. Fauliges Fleisch ist gekennzeichnet durch schmutzig-graue
oder grünliche Farbe, weiche, schmierige Beschaffenheit und sauligen Geruch. Die Fäulniß kann auf die
Oberfläche beschränkt oder in die Tiefe gedrungen sein. Bei der Fäulniß bilden sich Gifte, die auch durch
Kochen nicht zerstört werden.
Ein der Fäulniß ähnlicher Zersetzungsvorgang ist das Stickigwerden des Fleisches (Sticken,
Versticken, Verhitzen, stinkende saure Gährung). Derselbe tritt dann ein, wenn das lebenswarme Fleisch
derart verpackt wird, daß es nicht auskühlen kann. Solches Fleisch riecht stechend und säuerlich-faulig.
Es sieht anfänglich kupferroth, später graugrünlich aus, ist weich, mürbe und kann im Innern Gas-
blasen enthalten.
In Folge unzweckmäßiger Aufbewahrung des Fleisches kann es zur Entwicklung von Schimmel-
pilzen auf der Oberfläche desselben kommen. Die mit einem grauen Schimmelüberzuge bedeckten Fleisch-
theile sind mit einem Messer leicht entfernbar.
Liegt nur eine Verschimmelung vor, so ist der nicht als Thierarzt approbirte Beschauer zuständig
(§. 30 Nr. 1 m). Die verschimmelten Theile sind als untauglich zum Genusse für Menschen zu erklären
(§. 35 Nr. 16); das übrige Fleisch ist als tauglich zum Genusse für Menschen zu erklären, sofern nicht
ein anderer Beanstandungsgrund vorliegt. Wenn Fäulniß oder ähnliche Zersetzungsvorgänge festgestellt
sind, bleibt die Beurtheilung der Genußtauglichkeit des Fleisches dem Thierarzt überlassen (S. 31).
36. Ungeborene oder todtgeborene Thiere.
Im nicht ausgeschlachteten Zustande sind solche Thiere daran zu erkennen, daß 1. die Klauen
weich und abgerundet sind, 2. der Nabelring offen steht, 3. die Nabelgefäße weit geöffnet sind und
flüssiges Blut enthalten. An der etwa vorhandenen Schlachtwunde sind die Ränder nicht blutig durch-
tränkt (Zeichen der scheinbaren Schlachtung).
Im ausgeschlachteten Zustande findet man 1. im Darme statt des Milchkoths Darmpech; 2. im
Magen keine Milchgerinnsel; 3. das Muskelfleisch schlaff, wässerig, das Fett sulzig, das Knochenmark
roth; 4. die Lungen braunroth, zusammengefallen, luftleer; sie sinken im Wasser unter.
Der ganze Thierkörper ist als untauglich zum Genusse für Menschen zu bezeichnen (G. 33 Abs. 2).
37. Natürlicher Tod und Tödtung im Verenden.
Das Fleisch ist sehr blutreich, sämmtliche Körpertheile sind dunkelroth gefärbt, die Venen der
Eingeweide, vor Allem der Leber sowie der Unterhaut sind strotzend mit Blut gefüllt. Ist die Schnitt-
oder Stichwunde am Halse erst nach dem Tode beigebracht (scheinbare Schlachtung), so sind deren Ränder
nicht mit Blut durchtränkt.
Der ganze Thierkörper ist als untauglich zum Genusse für Menschen zu erklären (§. 33 Abs. 2).
Vergleiche jedoch die Bemerkung zu Nr. 38 (Nothschlachtungen und Unglücksfälle).
38. Nothschlachtungen und Unglücks fälle.
Gewisse Krankheiten und Zustände bei Schlachtthieren lassen die schleunige Vornahme der
Schlachtung rathsam erscheinen. Solche, die Genußtauglichkeit des Fleisches nicht unter allen Umständen
ausschließende, häufig schnell tödtlich endende oder durch Hinausschieben der Schlachtung die Beschaffenheit
des Fleisches leicht wesentlich verschlechternde Krankheiten und Zustände sind insbesondere:
1. Fanheien in Folge einer Geburt mit Störungen des Allgemeinbefindens, ferner schwere Ge-
urten;