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scheidung antragen. Der Antrag ist bei dem Konsul schriftlich oder zu Protokoll anzubringen; er kann
am Schlusse der mündlichen Verhandlung gestellt werden und ist alsdann in das über die Verhand-
lung geführte Protokoll aufzunehmen. In dem Falle des §. 124 Abs. 2 ist auch die Einlegung des
Einspruchs bei dem Kapitän zulässig.
2. Die Prüfung der Rechtzeitigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung steht nicht dem
Konsul, sondern dem Gerichte zu. Der Konsul hat gemäß §. 15 der Verordnung des Bundesrats den
Tag des Eingangs des Antrags auf dem Schriftstücke zu vermerken und sodann die Akten der Staats-
anwaltschaft bei dem für die weitere Verhandlung zuständigen Gericht unmittelbar vorzulegen oder,
sofern er über dieses Gericht im Zweifel ist, dem Auswärtigen Amte zur weiteren Veranlassung zu
übersenden. Die Zuständigkeit ist im §. 124 Abs. 3 der Seemannsordnung geregelt.
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Vollstrechung des Strafbescheids.
1. Lautet der Strafbescheid des Konsuls auf Geldstrafe, so kann diese nach §. 125 Abf. 1
der Seemannsordnung noch vor Ablauf der zehntägigen Einspruchsfrist und selbst dann vollstreckt
werden, wenn von dem Angeschuldigten bereits auf gerichtliche Entscheidung angetragen ist. Dies wird
im Auslande regelmäßig zu geschehen haben, da sonst die Vollstreckung erschwert oder erheblich ver-
zögert werden könnte. 1
Die Vollstreckung von Freiheitsstrafen und die Einziehung barer Auslagen dürfen erst erfolgen,
nachdem die zehntägige Frist abgelaufen ist, ohne daß der Angeschuldigte auf richterliche Entscheidung
angetragen hat.
2. Gemäß §. 125 Abs. 2 der Seemannsordnung sind die Strafbescheide des Konsuls inner-
halb seines Amtsbezirkes soweit angängig von ihm selbst zu vollstrecken. Bei der Beitreibung der
Geldstrafe hat der Kapitän den Anordnungen des Konsuls Folge zu leisten, ihm also insbesondere die
rückständige Heuer, soweit dies zulässig ist, auszuzahlen; dabei sind indes die Vorschriften der §8. 811,
850 der Zivilprozeßordnung zu beachten, wonach namentlich die unentbehrlichen Kleidungsstücke, Betten
und Wäsche des Angeschuldigten und regelmäßig auch die noch nicht fälligen Heueransprüche der
Pfändung nicht unterworfen sind. Die Vollstreckung von Freiheitsstrafen wird der Konsul, sofern er
nicht zur Ausübung der Gerichtsbarkeit befugt ist, in seinem Amtsbezirke nur dann bewirken können,
wenn der Kapitän oder die Landesbehörden zu entsprechendem Beistande bereit sind. Die Vollstreckung
der Strafbescheide durch den Konsul erfolgt nach §. 125 Abs. 2 gebührenfrei.
3. Kann der Strafbescheid nicht in dem Amtsbezirke des Konsuls vollstreckt werden, so hat
dieser die zuständige deutsche Behörde um die Vollstreckung zu ersuchen. Danach sind die Ersuchen zu
richten im Ausland an die Kaiserlichen Konsulate in ihrer Eigenschaft als Seemannsämter, soweit
diese zur Vollstreckung in der Lage sind; im Reichsgebiet an die landesgesetzlich zur Vollstreckung der
seemannsamtlichen Strafbescheide bestimmten Behörden, in den Schutzgebieten an den Gouverneur oder
5. Landeshauptmann. Ein Verzeichnis der Vollstreckungsbehörden in den Bundesseestaaten liegt bei.
4. Die Geldstrafen fließen nach §. 132 der Seemannsordnung regelmäßig der Seemannskasse
und in Ermangelung einer solchen der Ortsarmenkasse des inländischen Heimatshafens oder Register-
hafens des Schiffes zu, dem der Täter zur Zeit der Begehung der strafbaren Handlung angehörte.
Die Uberweisung an diese Stellen wird zweckmäßig durch Vermittelung des Seemannsamts dieses
Hafens zu erfolgen haben. Fehlt es an einem inländischen Heimatshafen oder Registerhafen, so ist
der Betrag dem Reichskanzler zu überweisen. ·
8. 9.
Schlußbestimmungen.
1. Die auf das seemannsamtliche Strafverfahren sich beziehenden Schriftstücke sind mindestens
fünf Jahre nach endgültiger Erledigung der Angelegenheit aufzubewahren.
2. Der Konsul hat über sämtliche Untersuchungsfälle ein Verzeichnis nach dem angeschlossenen
Formulare zu führen. Die laufenden Nummern dieses Verzeichnisses beginnen mit dem Anfang und
schließen mit dem Ende jedes Kalenderjahrs. Die Eintragungen beginnen gleichzeitig mit der Ein-
leitung des Verfahrens und werden nach Maßgabe des Fortganges der Verhandlungen dergestalt fort-