italienischen Colonia Eritrea (Nord-Abessi-
nien) gehalten, der jetzt in den „Verhand-
lungen“ der genannten Gesellschaft abgedruckt
worden ist. Aus den Mittheilungen Schwein-
furthe dürften besonders die kolonialpolitischen
Betrachtungen des berühmten Gelehrten interes-
siren. So schreibt er von Massaua, der
Hauptstadt der italicnischen Kolonic, daß sie
in vielen Stücken selbst Aden, dem Haupt-
emporium der Engländer, überlegen sei.
„Beim Anblick dieser großstädtischen Anlage“,
so heißt es, „begreift man, daß die Italiener
während einer sechsfährigen Oktupation im
Durchschnitt über 17½ Millionen Francs jährlich
verausgabt haben. Allein die Expedition unter
dem General San Marzano (1887 bis 1890)
verschlang 37 600 000 Francs.“
„Die Stadt Massaua besteht aus zwei
unter sich und mit dem Festlande durch breite
Steindämme verbundenen Inseln, sowic aus
zwei weit vorspringenden Halbinseln, welche
gegen die erstgenannten Front machen. Ein
schön gemauerter Ouai mil moderner Häuser-
front und mehreren Kaffechäusern empfängt
den Ankömmling. Massaua ist infolge der
letzten Choleragefahr gänzlich von den un-
geordneten Hütten der Eingeborenen gesäubert
worden, welche in früheren Jahren den größten
Theil der eigentlichen Stadt in Anspruch
nahmen. Das Klima von Massaua (22000 Ein-
wohner, davon 600 Europäer, ohne das Militär)
kann gegenwärtig, wo die Europäer daselbst
ausschließlich destillirtes Wasser trinken, als
ein durchaus gesundes betrachtet werden trot
der hohen Jahreswärme von 30½2° C. Die
Sterblichkeit unter den weißen Truppen war
bisher eine geringere als in manchen Garnison=
orten Italiens. Bei meinen den Hospilälern
oder vielmehr Hospitalkomplexen im Februar
und im Mai abgestatteien Besuchen fand ich
weniger Kranke vor als Aerzte und Kranken-
wärter.“
An einer anderen Stelle vergleicht Schwein.
furth die deutschen und italienischen
Kolonien in Ostafrika und sagt:
„Es ist viel gestritten worden über Werth
oder Nichtwerth des modernen Kolonialerwerbs
von Italienern, Deutschen und anderen Nationen
in Afrika. Nirgends #sindet sich der richtige
Eiser zur Inangriffnahme dieser Brachen der
Kultur; überall werden Klagen laut, man
hätte bei der Theilung der von England ver-
schmähten Restbestände der Welt den Kürzesten
gezogen. So namentlich auch in Italien, wo
man der Ansicht ist, wir Deutsche hätten in
Afrika das bessere Theil erwählt. In Deutsch-
land glauben im Gegentheil Viele, den Italienern
sei das Beste zugefallen, denn sie hätten ein
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fertiges Reich, das äthiopische Kaiserthum.
Beide Gebiete lassen sich nicht so ohne Weiteres
in Vergleich stellen; eine Parallele zwischen
ihnen zu ziehen ist durchaus unthunlich, denn
auf beiden Seiten treten nur Gegensäße in
den Vordergrund. Die Italiener haben ihre
Stellung in der Eritrea angesichts eincs stets
drohenden Feindes zu behaupten und müssen
jederzeit des Angriffs einer Armee von
50 000 Mann mit Hinterladern bewaffueter
Krieger gewärtig sein. Auch die Mahdisten,
die sogenannten Derwische, sind kein zu ver-
achtender Feind. So sieht dort Italien gleichsam
den zwei grösten afrilanischen Militärmächten
gegenüber, während wir es in Ostafrika nur
mit zersprengten und zusammenhanglosen Völker-
resten zu thun und infolge dessen nur
geringen militärischen Aufwand zu treiben haben
für ein Gebiet, das so unendlich viel größer
ist. Hinsichtlich des Handels ist andererseits
der Vorzug von Deutsch-Ostafrika in die Augen
springend; denn dort bestehen bereits durch
Handelskarawanen belebte Verbindungen, welche
eine stetige Zunahme von Aus= und Einfuhr
verbürgen, während sie in der Eritrea erst
angeregt, eröffnet, geschaffen werden sollen.
Die hohen Zolleinnahmen von Massaua wäh-
rend der letzten zwei Jahre daselbst waren
nur die Folge einer wegen der in Abessinien
andauernden Hungersnoth sehr schwunghaft
betriebenen Getreideeinfuhr aus Judien. Die
große Uebelegenheit der Colonia Eritrea vor
anderen Gebieten des tropischen Afrikas liegt
(es ist das Europa am nächsten gelegene tro-
pische Kolonialgebiet von Afrika) in der ge-
ringen Entsernung vom Mutterlande, in dem
fast unmittelbar an der Küste gelegenen, für
arbeitende Europäer bewohnbaren Hochlande,
schließlich in der zu slaatlicher Einhcit und
als Nalion gestalteten Bevölkerung, die das
große und verheißungsvolle Angriffsobjekt für
die kulturellen Aufgaben Italiens darstellt.“
Im Weiteren erwähnt Schweinfurth
mit besonderem Nachdruck der Zuvorkom-
menheit der italienischen Behörden ihm
gegenüber. Er sagt darüber:
„Bei dieser Gelegenheit möchte ich nicht
unterlassen, meinem Dankgefühl für die mir
während des wiederholten Besuches in der
italienischen Kolonie von den Behörden erwiesene
Zuvorkommenheit Ausdruck zu verleihen. Unser
Bündniß mit Italien steht nicht bloß auf dem
Papier; es hat auch im Volke tiefe Wurzel
geschlagen; und man braucht sich nur als
Deutschen zu nennen, um überall mit offenen
Armen empfangen zu werden. Von Militär-
personen sowohl wie von Privatleuten habe
ich überall nur Liebenswürdigkeiten erfahren.