Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 25. Todeserklärung gegen Verschollene. 85 
stehenden Regeln entsprechende nicht bloß wahrscheinlich, sondern gewiß machen 
(18 II). Dann ist die Todeszeit so zu bestimmen, daß sie dem Ergebnis jener 
Ermittlungen tunlichst entspricht. 
) Gleichgültig für die Bestimmung der Todeszeit ist das Datum, unter 
dem die Todeserklärung zufällig beantragt oder ausgesprochen ist. 
Beispiele. I. Der dreißigjährige A., der wegen eines schweren Lungenleidens nach 
ärztlichem Gutachten vom 20. Dezember 00 „wahrscheinlich" nur noch drei Jahr leben kann, 
reist Januar 01 nach Korsika, gerät aber unterwegs in Verschollenheit. Aus irgendwelchen 
Gründen sehen seine Verwandten sich erst 30 veranlaßt, die Todeserklärung gegen ihn zu 
beantragen. Wenn hier 31 die Todeserklärung erfolgt, muß als Todeszeit nicht irgend 
eine Stunde der Jahre 30 oder 31, sondern die Mitternachtsstunde der Neujahrsnacht 11 
auf 12 bestimmt werden. Das Gesetz gibt also dem A. statt der von den Arzten in Aus- 
sicht gestellten drei= infolge seines rätselhaften Verschwindens zwar nicht eine dreißig-, aber 
doch eine zehnjährige Lebensdauer. Anders, wenn die Arzte in ihrem Gutachten erklärt hätten, 
A. habe „unmöglich“ länger als 3 Jahr leben können; alsdann ist sein Todestag auf den 
20. Dezember des Jahres 03 zu verlegen. II. In den oben zu III. 1 b) genannien Fällen 
ist der Todestag wie folgt zu bestimmen: zu I. für A. auf den 31. Dezember 11 (bzw. 
den 31. Dezember 30 oder 06 oder 10), zu II. 1. für B. im Fall 1 a) auf den 31. De- 
zember 16, im Fall 1 b) auf den 15. März 06, im Fall 1 c) auf den 12. März 0811) 
im Fall 2 auf den 12. März 06, zu III. 1 für C. im Fall a) auf den 1. August 08, im 
Fall b) auf den 1. August 09 (!)) zu III. 2 auf den 1. bzw. 15. August 08. 
d) Die Todeserklärung erfolgt durch Urteil des Amtsgerichts (ZPO. 952, 
961, Gerichtsverfassungsgesetz 23). 
a) Das Urteil ergeht nur auf Antrag. Antragsberechtigt ist der ge- 
setzliche Vertreter des Verschollenen, falls ein solcher vorhanden ist, und außer- 
dem jeder Interessent, insbesondre sein Erbe oder ein beliebiger Gläubiger. 
Der Antragsteller soll die zur Begründung seines Antrages erforderlichen Tat- 
sachen glaubhaft machen (Z8PO. 962, 963). 
5# Liegt ein ordnungsmäßig glaubhaft gemachter Antrag vor, so hat das 
Gericht von Amtswegen diejenigen Ermittlungen vorzunehmen, die ihm erforder- 
lich scheinen, und hat den Verschollenen öffentlich — der Regel nach durch die 
Zeitungen — aufzubieten (8P . 968, 964, 948, 960). 
7) Das Urteil darf nur ergehn, wenn das Gericht entweder den Tod 
des Verschollenen oder wenigstens die Tatsachen, die nach dem Gesetz die Voraus- 
setzung der Todeserklärung bilden, für positiv erwiesen erachtet (ZP. 970). 
Beispiele. I. 1. Eine Ehefrau hat, um sich wieder verheiraten zu können, gegen ihren 
Mann die Todeserklärung beantragt, indem sie durch ihre eidesstattliche Versicherung (8 PO. 
294) und ein Polizeiattest bescheinigt, daß man am letzten Wohnsitz des Mannes seit 
10 Jahren nichts mehr von ihm gehört hat. Dies reicht vollkommen aus, um das Todes- 
erklärungsverfahren einzuleiten; denn wenn am letzten Wohnsitz des Mannes nichts über 
seinen Verbleib bekannt ist, ist es zwar nicht strikt bewiesen, aber doch glaubhaft gemacht, 
daß man von seinem Verbleibe überhaupt nichts weiß; mehr darf man aber bei der Ein- 
leitung des Verfahrens nicht verlangen. 2. Anders, wenn das Verfahren abgeschlossen werden, 
wenn die Todeserklärung selbst ergehn soll. Hier ist noch zu ermitteln, ob der Mann nicht 
noch an andern Orten, z. B. da, wo seine Geschwister wohnen, lebhafte Beziehungen besessen 
hat, und ist dies der Fall, so ist auch für diese Orte seine Verschollenheit festzustellen. Erst 
wenn auch diese Ermittlungen ergebnislos sind, kann man die Verschollenheit des Mannes
	        
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