8 47. Ertrag. 135
ausgleichen soll, die das Pferd durch den Verlust des einen Auges für immer erlitten hat.
Denn soweit der gewinnbringende Vorgang — d. h. hier die Verletzung des Pferdes — das
Tier zeitweise arbeitsunfähig machte, hat er es höchstens „abgenutzt“; soweit er ihm ein Auge
raubte, hat er es zum Teil „verbraucht“.
3. Ein Gewinn ist Ertrag eines Gegenstandes nur, wenn er seiner Art
nach ein „regelmäßig wiederkehrender" ist, so daß Gewinnrate und Gewinnrate
sich zu einer langen fortlaufenden Kette zusammenschließen. Gleichgültig ist
aber, ob die Wiederkehr des Gewinns in gleich langen Perioden oder in Zeit-
räumen von verschiedener Dauer, gleichgültig auch, ob ein Gewinn von ständiger
oder von wechselnder Höhe erwartet wird. Ja es schadet nicht einmal, wenn
in einem konkreten Fall und in Ansehung eines konkreten gewinnbringenden
Gegenstandes die Aussicht auf Wiederkehr eines gleichartigen Gewinns sehr ab-
geschwächt oder ganz ausgeschlossen ist: es genügt, wenn der Gewinn wenigstens
seiner Art nach (typisch) regelmäßig wiederkehrt.
Beispiele. I. 1. Wenn jemand in seinem Weinberge die Weinlese immer selber hält
oder wenn er die Trauben alljährlich auf dem Stock verkauft und die Lese dem Käufer
überläßt oder wenn er den Weinberg auf eine Reihe von Jahren verpachtet, sind Ertrag
des Weinberges im ersten Fall die Trauben, im zweiten der Kaufpreis, im dritten der Pacht-
zins. 2. Ebenso wenn ein Weinbergsbesitzer, der regelmäßig die Weinlese selber hält, ver-
suchsweise ein einziges Mal die Trauben auf dem Stock verkauft oder den Weinberg auf
ein einziges Jahr verpachtet. Hier sind nicht bloß die Trauben, sondern auch der Kaufpreis
oder der Pachtzins Ertrag. Denn beide treten ja lediglich an die Stelle der Trauben, stehn
ihnen also wirtschaftlich gleich; sie stellen demnach — obschon, für sich genommen, ein-
malige — doch, mit den Trauben zusammengenommen, wiederkehrende Gewinne des Wein-
bergs dar. 3. Anders, wenn die Trauben des Weinbergs auf einer landwirtschaftlichen
Ausstellung einmal oder wiederholt prämiert werden. Hier sind die Prämien Ertrag weder
des Weinbergs noch der Trauben, weil sie ihrer Art nach nicht wiederkehrend sind. II. 1. Wenn
eine Aktiengesellschaft, die immer mit Verlust gearbeitet hat, durch irgendwelche Konjunk-
turen in einem Jahr ganz unerwartet einen Gewinn abwirft, ist der Gewinnanteil, der auf
jede Aktie entfällt, Ertrag der Aktie. Denn obschon tatsächlich nur einmalig, ist solch ein Ge-
winnanteil doch seiner Art nach wiederkehrend. 2. Dagegen sind neue Aktien, die bei der
Erhöhung des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft kraft eines sog. Bezugsrechts auf die
alten Aktien fallen, nicht Ertrag der letztern; denn die Ausgabe neuer Aktien ist ihrer Art
nach kein regelmäßig wiederkehrender Vorgang. III. Wenn ein Bergwerk in Einhaltung
eines ordentlichen Betriebsplans (s. oben zu 2 das zweite Beispiel) schließlich erschöpft ist,
ist auch die allerletzte Ausbeute, die ihm abgewonnen wird, noch Ertrag, obschon feststeht,
daß ihr ein gleichartiger Gewinn nicht mehr folgen wird. IV. Wenn ein Gut zu Erbpacht
mit der Klausel ausgetan wird, daß jedesmal beim Tode des Verpächters oder Pächters aus
dem Gut eine Abgabe an den Gutsherrn zu zahlen ist, ist auch diese Abgabe Ertrag. Denn
sie kehrt regelmäßig wieder, wennschon vielleicht in sehr ungleichen Perioden.
4. Das negative Erfordernis zu 2. und das positive zu 3. werden sich im Ergebnis
meistens decken. Doch ist das, wie unfre Beispiele zeigen, nicht immer der Fall. So sind
die Amortisationszuschläge bei einer Darlehnsforderung wiederkehrende Gewinne, obschon sie
den gewinnbringenden Gegenstand allmählich verbrauchen; die Weinbergsprämien und die
gauf alte Aktien kraft Bezugsrechts entfallenden neuen Aktien sind dagegen nicht wiederkehrende
Gewinne, obschon sie einen Verbrauch des gewinnbringenden Gegenstandes nicht darstellen.
Eben deshalb dürfen die Erfordernisse zu 2. und 3. nicht miteinander verwechselt werden.
5. Der Begriff des Ertrages ist ein innerlicher unklarer, und keine Kunst des Juristen
kann hieran etwas ändern. Insbesondre ist es willkürlich, wenn man, wie der Ertrags-
begriff dies fordert, jeden Gewinn, der als Ertrag gelten soll, auf eine bestimmte Haupt-