140 Buch J. Abschnitt 4. Die Rechtsgegenstände.
nicht Erträge der fruchttragenden Sache zu sein. Denn es ist möglich, daß diese
Früchte lediglich durch einen Verbrauch der fruchttragenden Sache gewonnen
werden und daß sie ihrer Art nach nicht wiederkehrend sind; und ist dies der
Fall, so sind sie eben Früchte, aber nicht Erträge.
Beispiele. I. Wenn jemand seinen ganzen Wald auf einmal abholzt, ist das dabei
gewonnene Holz, wie wir gesehn haben, nur zu einem kleinen Teil „Ertrag“. Es ist aber
ganz und gar „Frucht“. II. Wenn jemand das gesamte Holz seines Waldes ungefällt ver-
kauft und das Abholzen dem Käufer überläßt, ist der Erlös gleichfalls kein „Ertrag“. Es
ist aber auch nicht „Frucht“. Denn wäre er es, so wäre er juristische Frucht. Eine juristische
Frucht aber, die nicht zugleich „Ertrag“ der Muttersache wäre, gibt es definitionsgemäß
(99 II) nicht.
Die vorstehende Unterscheidung ist so willkürlich, daß man zunächst glauben möchte, sie
beruhe auf einem Mißverständnis. Indes lassen viele Gesetzesstellen (993, 1039 u. s. w.)
keinen Zweisel darüber, daß der Gesetzgeber sich mit vollem Bewußtsein zu ihr entschlossen hat.
III. Die Früchte der Sachen werden rechtlich in der allermannigfachsten
Weise ausgezeichnet. An dieser Stelle sollen von den hierhergehörenden Regeln
nur zwei erwähnt werden.
1. a) Wenn das Recht einer Person, die Früchte eines Gegenstandes zu
ziehen, erlischt und die Früchte fortab einem Nachmann zufallen, sind bei der
Auseinandersetzung zwischen Vor= und Nachmann folgende Grundsätze maß-
gebend.
o) Sind die Früchte Sachen, so gebühren sie dem Vormann insoweit, als
sie noch während der Dauer seines Rechts von der Muttersache abgetrennt
sind; gleichgültig ist, ob der Vormann die Früchte als Sach= oder als Rechts-
früchte in Anspruch nimmt (100 Nr. 1).
8) Sind die Früchte Rechte, so gebühren sie dem Vormann grundsätzlich
insoweit, als sie noch während der Dauer seines Rechts fällig geworden sind.
Doch gilt eine wichtige Ausnahme für den Fall, daß die Früchte als Ertrag
einer bestimmten Wirtschaftsperiode gelten und das Recht des Vormanns nicht
am Ende, sondern mitten im Lauf einer solchen Periode erlischt: hier werden
nämlich die dieser Periode angehörigen Früchte ohne Rücksicht auf ihre Fällig-
keit zwischen Vor= und Nachmann nach Verhältnis der Dauer des beiderseitigen
Rechts innerhalb der Periode verteilt (101 Nr. 2).
Beispiele. A. ist auf Lebenszeit Vorerbe des am 1. September 07 gestorbenen B.: er
selber stirbt am 1. August 08; Nacherbe ist C. I. Zu B.#8 Nachlaß gehört ein Feld, das
von A. mit Roggen bestellt wird. Hier hängt die Auseinandersetzung zwischen A.S Erben
und C. wegen des Roggens ganz von dem Zufall ab, ob der Roggen vor oder nach dem
1. August 08 gemäht worden ist; ersternfalls geht C., letzternfalls gehn umgekehrt die Erben
A.S ganz leer aus. II. 1. Zu B.s Nachlaß gehört ein Feld, das vom 1. Juli 07 bis
1. Juli 09 an D. für jährlich 240 Mark verpachtet und von ihm in beiden Jahren mit
Roggen bestellt ist. Hier gehört dem A. und seinen Erben ½½2 des jährlichen Pachtzinses
— 220 Mark, da ja A.#s Pachtrecht gerade 11 Monate gedauert hat; darauf, ob der Roggen
vor oder nach dem 1. August O8 geschnitten worden ist, kommt hier gar nichts an:; ebenso
ist gleichgültig, ob der Pachtzins prae- oder postnumerando zahlbar war. 2. Zu B.s Nach-
laß gehört ein Haus, das auf die Zeit vom 1. Januar 06 bis 1. Januar 16 zu einem
1) Siehe oben § 47 I, 2.