Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 49. Bisheriges Recht. 147 
schränktes Eigentum zu, während das römische und ihm folgend das bisherige 
gemeine, das preußische und sächsische Recht, gerade wie jetzt das bürgerliche 
Gesetzbuch, an jedem Hause nur ein einziges Eigentum anerkannten.“ 
3. Das mittelalterliche deutsche Recht sprach, wenn die Befugnis einer 
Person, die Früchte einer Sache zu beziehn, erlosch und einem Nachmann zufiel, 
alle Früchte dem Vormann zu, für die er bereits die Bestellungsarbeit geleistet 
hatte („wer sät, der mäht").5 An dieser Auffassung hielt von den neuern 
Gesetzbüchern nur das sächsische fest." Dagegen verteilte das preußische Land- 
recht? die Früchte zwischen Vor= und Nachmann nach Verhältnis der Zeit, 
während deren innerhalb des letzten Wirtschaftsjahrs das Nutzungsrecht beider 
gedauert hatte. Das bisherige gemeine Recht endlich beließ nach römischem 
Vorbilde 3, gerade wie das bürgerliche Gesetzbuch, dem Vormann nur diejenigen 
Früchte, die vor dem Erlöschen seines Nutzungsrechts von der Muttersache 
getrennt waren. 
III. 1. Bis in die jüngste Zeit bestand in Deutschland keine reine Gold-, 
sondern eine Doppelwährung. Es galten nämlich neben den Goldmünzen auch 
die Silbertaler als vollwertiges Geld mit unbedingtem und unbeschränktem 
Annahmezwang und ohne eine Verpflichtung des Reichs zur Einlösung der Taler 
in Gold. Doch standen die Taler insofern hinter den Goldmünzen weit zurück, 
als sie seit 1873 nicht mehr neu ausgeprägt werden durften und als sie in 
neuerer Zeit langsam aus dem Verkehr zurückgezogen wurden: man bezeichnete 
deshalb die bisherige Währung als „hinkende“ Goldwährung. 
2. Seit dem 1. Oktober 1908 haben aber die Taler aufgehört Geld 
zu sein.? 
Zusatz zu 8§ 40 f. 
Bei der Mannigfaltigkeit der Rechtsverhältnisse, für die die in dem vorstehenden Ab- 
schnitt behandelten Regeln in Betracht kommen, lassen sich für die Anwendung dieser Regeln 
keine allgemeinen Kollisionsnormen aufstellen. Dagegen sind einige Übergangsvorschristen 
zu erwähnen. 
I. Soweit vor 1900 nach bisherigem Recht ein Eigentum an stehenden oder hängenden 
Früchten oder ein Stockwerkseigentum begründet worden ist, bleibt es auch nach 1900 be- 
stehn. 
II. Die Auseinandersetzung zwischen zwei aufeinander folgenden Nutzungsberechtigten 
ist, wenn das Nutzungsrecht des Vormanns vor 1900 begründet war, aber nach dem 1. Jan. 
1900 erlischt, nach denjenigen Gesetzen zu beurteilen, die für den Inhalt des dem Vormann 
zustehenden Nutzungsrechts im übrigen maßgebend sind. Es ist also darauf zu achten, ob 
der Vormann sein Nutzungsrecht auf sein Eigentum an der Muttersache oder auf einen Nieß- 
brauch oder auf ein Pachtrecht oder auf ein familienrechtliches Nutzungsrecht stützte.: 
4) Stobbe-Lehmann 2 § 95 Nr. 2; Kuntze, Kojengenossenschaften u. Geschoßeigentum 
(88); Eccius 3 § 160 71. 
5) Stobbe, Beitr. z. Gesch. des deutschen Rechts (65) S. 59. 
6) Sächs. GB. 76. 7) Pr. LR. I, 7 8§ 197 ff. 
8) Petraaycki, Fruchtverteilung (92). 
9) Bekanntm. d. Bundesrats vom 27. Juni 07. 
1) EuG. 181 II, 182. Siehe auch RG. 55 S. 288, 56 S. 243, 260, 289. 
2) Siehe EG. 181 1, 184, 171, 200, 203. 
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