Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 50. Tatbestand. Fiktion. Muß= u. Sollvorschriften. 151 
nur bis zum Ablauf von zwei Wochen erklärt werden (108 II). Die erstere Formel könnte 
also auch lauten: bei der Eheschließung „müssen“ die Verlobten vor einem Standesbeamten 
erllären . . .; ebenso könnte die zweite Formel auch lauten: die Genehmigung „muß“ 
bis .. erklärt werden. 
Ob die Formeln: jemand darf etwas nicht tun, etwas ist zu tun, den Sinn von Muß- 
oder von Sollvorschriften haben, läßt sich nicht allgemein bestimmen. Siehe z. B. einerseits 
1240 1 in Verbindung mit 1243 I, anderseits 671 II; einerseits 1945 1 Halbsatz 2, ander- 
seits 6 II. 
IV. Jede Rechtswirkung hat ihren besondern ihr eigentümlichen Tatbestand. 
Deshalb ist die Zahl der Tatbestände unübersehbar groß, und erst bei Dar- 
stellung der einzelnen Rechtsinstitute werden im weitern Verlauf dieses Werks 
die wichtigsten Tatbestände der Reihe nach genauer festzustellen sein. Nur solche 
Tatbestandsstücke, die in verschiedenen Tatbeständen häufig und gleichmäßig 
wiederkehren, sind von allgemeiner Bedeutung und deshalb schon hier, im 
allgemeinen Teil, zu entwickeln. Es sind dies: die Rechtsgeschäfte, Verschulden 
und Zufall, der Zeitablauf, Verfügungen der Staatsgewalt. 
II. Rechtsgeschäfte.1 
1. Gegriff. 
51. 
I. 1. Rechtsgeschäft heißt jede private Willensäußerung, die auf eine 
dem bürgerlichen Recht angehörige Rechtswirkung abzielt. 
a) Das Rechtsgeschäft ist eine Willensäußerung. Das will besagen: 
es ist das Verhalten einer Person, aus dem nach den Regeln juristischer Aus- 
legung (unten § 63) zu folgern ist, daß diese Person einen Willensentschluß 
bestimmten Inhalts gefaßt hat. Das Verhalten kann ein positives Tun oder 
auch ein bloßes Unterlassen sein. 
b) Das Rechtsgeschäft ist eine private Willensäußerung. Das will 
besagen: es muß von einer Privatperson als solcher oder von einer Person 
des öffentlichen Rechts, die bei Abgabe der Außerung wie eine Privatperson 
auftritt, herrühren. 
Te) Das Rechtsgeschäft ist eine private Willensäußerung, die auf eine 
dem bürgerlichen Recht angehörige Rechtswirkung abzielt. 
— — — — — — 
1) Eltzbacher, Handlungsfähigkeit (03); Hellmann, Jahrb. f. Dogm. 42 S. 413; Hölder, 
zur Theorie der Willenserklärungen (05); Isay, Willenserklärung (99); ders. Jahrb. f. 
Dogm. 44 S. 43; Kipp, Rechtswahrnehmung in der Berliner Festgabe für R. Koch (03) 
S. 115; Manigk, Anwendungsgebiet der Vorschriften für d. Rechtsgeschäfte (01); ders., 
Willenserklärung u. Willensgeschäft (07); Monich, Willenserklärung (00); Schöninger, 
Leistungsgeschäfte (06); Schloßmann, Willenserklärung u. Rechtsgeschäft (07); Wedemeyer, 
Abschluß eines oblig. Vertrags durch Erfüllungs= und Aneignungshandlungen (03); Wendt, 
Arch. f. ziv. Pr. 92 S. 1; Wlassak, das Rechtsgeschäft u. das Verhältnis des Willens zur 
Erklärung (02). — Zitelmann bei B. u. F. Heft 7—10 (89, 90).
	        
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