Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

162 Buch 1. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte. 
d) Die Zuwendungen sind entweder Zweckzuwendungen oder ab- 
strakte Zuwendungen.? 
a) Bei den Zweckzuwendungen wird in dem Zuwendungsgeschäft selbst 
rechtswirksam festgestellt, welchen Zweck (causa) der Urheber der Zuwendung 
damit verfolgt, daß er das Vermögen der Gegenpartei verbessert. Die häufig- 
sten dieser Zwecke sind die folgenden: 
aa) Jemand macht der Gegenpartei eine Zuwendung, weil er sie ihr 
chuldig ist, sich dadurch von der Schuld zu befreien (animus solvendi). 
66) Jemand macht der Gegenpartei eine Zuwendung, um sie dadurch zu. 
einer Gegenleistung in der Zukunft zu verpflichten (animus credende). 
*)) Jemand macht der Gegenpartei eine Zuwendung, um sie dadurch zu 
einer Gegenleistung Zug um Zug zu bestimmen. 
30) Jemand macht der Gegenpartei eine Zuwendung in der Absicht, sie 
unentgeltlich zu bereichern (animus donandi). 
8) Anders bei den abstrakten Zuwendungen: deren Urheber sieht entweder 
ganz davon ab, den Zweck seiner Zuwendung rechtswirksam festzusetzen, oder 
er setzt ihn zwar fest, aber nicht in dem Zuwendungsgeschäft selbst, sondern in 
einem von der Zuwendung getrennten Rechtsgeschäft. Der Unterschied zwischen 
den Zweckzuwendungen und den abstrakten Zuwendungen ist also nicht, daß 
jene einen bestimmten Zweck verfolgen, diese aber eines solchen Zwecks darben, 
sondern, daß bei jenen Zuwendung und Zweckbestimmung rechtlich eine Einheit 
bilden, während bei diesen die Zuwendung von ihrem Zweck „abstrahiert". 
aa) Manche Zuwendungen sind freiwillig abstrakt, d. h. es hängt 
von dem Belieben der Parteien ab, ob sie im Zuwendungsgeschäft den Zu- 
wendungszweck bestimmen oder davon abstrahieren wollen. Hierher gehören 
vor allem Zuwendungen, die darauf gehn, daß zugunsten der Gegenpartei ein 
Forderungsrecht gegen den Urheber der Zuwendung begründet werden soll (780). 
85) Andre Zuwendungen sind notwendig abstrakt, d. h. das Gesetz 
läßt es nicht zu, daß bei ihnen im Zuwendungsgeschäft zugleich der Zuwen- 
dungszweck bestimmt wird. Hierher gehört vor allem die Grundstücksver- 
äußerung (925 II). Streitig ist, ob ein gleiches auch für die Veräußerung von 
Fahrnissachen und Forderungsrechten gilt oder ob diese auch als Zweckzuwendung 
vorgenommen werden kann; hierüber ist aber erst später zu sprechen. 
Beispiele. 1. A. hat eine Frau mit dem Rade überfahren; darauf gibt er ihr sofort 
das einzige Goldstück, das er im Portemonnaic hat, und verspricht ihr als weiteren Schadens- 
ersatz fernere 100 Mk.; das Unglücksrad aber schiebt er in den nächsten Straßengraben 
und läßt es dort liegen. Hier ist die Hingabe des Goldstücks Verfügung und Zuwendung, 
die Zusage der 100 Mk. ist Zuwendung, aber nicht Verfügung, die Preisgabe des Fahr- 
rades ist Verfügung, aber nicht Zuwendung. II. 1. a) B. überläßt ein von ihm gemaltes 
Bild dem C. für den angemessenen Preis von 600 Mk. Das ist entgeltliche Zuwendung. 
9) Klingmüller, Begriff des Rechtsgrundes (01); Stampe, das Kausaproblem (04); 
ders., Zeitschr. f. Handelsrecht 55 S. 387.
	        
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