§ 53. Dinglich wirksame Geschäfte. Nichtige Geschäfte. 167
wirkende Kraft hat, sondern daß ein nichtiges, aber nachmals gültig be-
stätigtes Geschäft seine Wirksamkeit erst von dem Tage der Bestätigung ab
datiert. Doch wird dieser Grundsatz nur bei einseitigen Geschäften mit Strenge
durchgeführt. Bei Verträgen ist dagegen bestimmt, daß die Parteien im
Zweifel verpflichtet sein sollen, einander zu gewähren, was sie haben würden,
wenn das Geschäft von Anfang an gültig gewesen wäre (141 II); damit ist
der Bestätigung zwar nicht in dinglicher, aber doch in obligatorischer Beziehung
eine Art von Rückwirkung zugestanden.
Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts kraft Gesetzes kann unter Um-
ständen durch eine Umdeutung (Konversion) wesentlich abgeschwächt werden.1½
Voraussetzung ist, daß das nichtige Geschäft den Erfordernissen eines andern
Geschäfts entspricht und anzunehmen ist, daß die Parteien bei Kenntnis der
Nichtigkeit das letztere Geschäft gewollt haben würden: ist diese Voraus-
setzung gegeben, so bleibt zwar das erstere Geschäft nichtig, es gilt aber da-
für das letztere Geschäft (140).
e) Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts kraft Gesetzes erstreckt sich der
Regel nach auf das Geschäft als Ganzes, auch wenn die Gründe, auf denen
die Nichtigkeit beruht, an und für sich bloß einen Teil des Geschäfts treffen.
Nur wenn anzunehmen ist, daß die Parteien den Teil des Geschäfts, der von
den Nichtigkeitsgründen an und für sich nicht betroffen ist, auch ohne den
nichtigen Teil vorgenommen haben würden, bleibt jener Teil gültig (139).2
1) Die vorstehenden Regeln erleiden mannigfache Ausnahmen. Hervor-
gehoben sei, daß die Nichtigkeit einer Ehe der Regel nach nur durch Klage
und in einem Fall auch nur unter Einhaltung einer bestimmten Frist geltend
gemacht werden kann (1329, 1324 II).
Beispiele. I. 1. A. übernimmt gegenüber dem B. mündlich die Bürgschaft für dessen
Forderung gegen C. Diese Bürgschaftsübernahme ist, weil nicht schriftlich beurkundet, kraft
Gesetzes nichtig (766 a, 125). A. wird also nicht Schuldner, B. wird nicht Gläubiger aus der
Bürgschaft. 2. Nun entsteht, als B.s Forderung gegen C. fällig wird und C. sich als
zahlungsunsähig erweist, zwischen A. und B. Streit über die Bürgschaft, und zwar nicht
über ihre Gülligkeit, weil A. viel zu anständig ist, um sich auf den Mangel der Schriftlichkeit
seines Bürgschaftsversprechens zu berufen, sondern lediglich darüber, ob B. dem A., was
dieser behauptet, jener aber bestreitet, eine Zahlungsfrist von drei Jahren bewilligt habe.
Demgemäß verklagt B. den A. auf sofortige Bezahlung der Bürgschafltssumme, während A.
Abweisung der Klage „zurzeit“ verlangt. Das Gericht gibt hier weder dem Antrage des B.
noch dem des A. statt, sondern weist die Klage, weil auf einem nichtigen Geschäft beruhend,
„für immer"“ ab: die zwischen A. und B. allein streitige Frage der Stundung wird als
unerheblich vom Gericht gar nicht untersucht. 3. Demnach hat die mündliche Bürgschafts-
erklärung des A. keine rechtsgeschäftliche Wirkung. Ja mehr als das: auch nichtrechts-
geschäftliche Wirkungen sehlen ihr! Sie ist also juristisch völlig belanglos (s. aber 766 b).
II. 1. Der von Gläubigern hart bedrängte D. will sein Haus vor der drohenden Zwangs-
vollstreckung retten; zu diesem Zweck verkauft und übereignet er es im Jahr 06 zum Schein
an E., mietet es aber sofort von ihm zurück, und verrechnet den Kaufpreis auf eine Forde-
rung, die dem E. angeblich gegen ihn zustehn soll. Hier ist das ganze Geschäft — Verkauf,
Ubereignung, Vermietung, Verrechnung —, weil nur zum Schein vorgenommen, gleichfalls
1a) R . 66 S. 28. 2) RG. 56 S. 313, 59 S. 174, 62 S. 186.