Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

176 Buch 1. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte. 
Wirkung zukommt. Namentlich ist dies der Fall, wenn der Geschäftsunfähige 
oder die Gegenpartei infolge des Geschäfts eine Bereicherung erlangt oder 
wenn einer von beiden sich dadurch, daß er sich auf das Rechtsgeschäft ein- 
läßt, eines Delikts schuldig macht. 
b) Daraus, daß ein Geschäftsunfähiger von der Vornahme von Rechts- 
geschäften ausgeschlossen ist, folgt nur, daß ihm die Vornahme von Rechts- 
geschäften in Person, sei es auch unter Assistenz seines Gewalthabers, verwehrt 
ist. Dagegen steht nichts im Wege, daß der Gewalthaber Rechtsgeschäfte im 
Namen des Geschäftsunfähigen als dessen Vertreter vornimmt, daß er also für 
den Geschäftsunfähigen nicht neben ihm, sondern statt seiner rechtsgeschäftlich 
tätig wird. Nur in Fällen, in denen auch eine solche Stellvertretung unstatt- 
haft ist, ist dem Geschäftsunfähigen der Segen wie der Unsegen des rechts- 
geschäftlichen Verkehrs wirklich ganz verschlossen. 
c) Ein von einem Geschäftsunfähigen vorgenommenes Rechtsgeschäft bleibt 
auch dann nichtig, wenn er nachträglich die Geschäftsfähigkeit erlangt, insbe- 
sondre also auch dann, wenn die über ihn verhängte Entmündigung nachträg- 
lich wieder aufgehoben wird. So auch dann, wenn der vormals Geschäfts- 
unfähige das Geschäft nunmehr aus freien Stücken bestätigt: will er das Ge- 
schäft wirklich zur Geltung bringen, so genügt es nicht, daß er es als gültig 
anerkennt, sondern er muß es von neuem vornehmen (141 I; Ausnahme bei 
der Eheschließung: 1325 II). 
Beispiele. I. A. möchte seiner sechsjährigen Tochter zu Weihnacht ein goldnes Hals- 
kettchen schenken. Hier muß A., wenn er die Schenkung rechtswirksam vornehmen will, bei 
Gericht beantragen, daß ein Pfleger bestellt werde, der namens des Kindes die Annahme der 
Schenkung erklärt (1909); denn ohne Annahme kommt die Schenkung nicht zustande (5160): 
das Kind selber kann aber nicht annehmen, und auch A. kann es in diesem Fall nicht ver- 
treten (181). II. 1. a) B. in Münster ist wegen Geisteskrankheit entmündigt, da er periodisch 
an Wahnvorstellungen leidet; in einer Zeit, da er völlig klar und „willensfrei“ ist, verkauft 
er ein ihm gehöriges in Westpreußen gelegenes Grundstück, von dessen Dasein sein Vormund 
zufällig keine Kenntnis hatte, an C. in Konitz, läßt es im Grundbuch auf den Namen C.s 
umschreiben, nimmt den vereinbarten Kaufpreis in Empfang und gibt ihn einer Vertrauens- 
person zur Aufbewahrung; weder C. noch das Konitzer Amtsgericht, vor dem die Verhand- 
lungen zwischen B. und C. stattfanden, haben wissen können, daß B. damals entmündigt 
war; erst nach vielen Jahren kommt der Sachverhalt heraus. Hier ist das ganze Geschäft 
nichtig. Und zwar kann sich nicht bloß B.s Vormund, sondern auch C. hierauf berufen. 
Insbesondre kann sich C., wenn der Wert des Grundstücks seitdem gefallen ist und er den 
zur Zeit des Kaufs völlig angemessenen Kaufpreis nachträglich für zu hoch befindet, die 
Geschäftsunfähigkeit B.s zunutze machen und, natürlich gegen Rückgabe des Grundstücks, 
von B. die Zurückerstattung des Kaufpreises fordern. b) Derselbe Fall; nur ist B. bald nach 
dem Verkauf des Grundstücks dauernd gesund geworden, und seine Entmündigung ist längst 
wieder aufgehoben. Hier ist die Entscheidung dieselbe wie zu 1; denn die Nichtigkeit des 
Verkaufs wird durch die Aufhebung der Entmündigung nicht geheilt. c) Derselbe Fall; nur 
hat B. nach Aufhebung seiner Entmündigung dem C. den Sachverhalt mitgeteilt, und beide 
haben das Geschäft schriftlich bestätigt: später aber, als das Grundstück im Wert sinkt, reut 
es den C., daß er so nachgiebig gewesen ist, und er widerruft die Bestätigung. Auch hier ist 
die Entscheidung keine andre als zu 1; denn die Nichtigkeit eines Grundstücksverkaufs kann 
5) Siehe oben S. 93 l. Absatz und unten bei Anm. 6. 
 
	        
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