Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

204 Buch J. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte. 
schon in dem Augenblick, in dem die Zustimmung wirksam wurde, A.s Zustimmungsmacht 
bereits erloschen und statt seiner allein Frau A. zur Erteilung und Verweigerung der Zu— 
stimmung befugt war. 
8. Der Abschluß von Verträgen. 
8 59a. 
I. Die beiden Willensäußerungen, die durch ihr inhaltliches Zusammen— 
stimmen den Vertragsschluß bilden (oben S. 158, 2 a), werden meistens nicht 
zur gleichen Zeit, sondern hintereinander abgegeben. Alsdann heißt die zuerst 
abgegebene Willensäußerung Antrag (Offerte), die zuletzt abgegebene An- 
nahme (Akzeptation). 
1. Antrag und Annahme müssen beide rechtsgeschäftlicher Natur sein; 
sie müssen demnach beide erkennbar in rechtsverbindlicher Absicht geäußert 
werden. 
a) Der Antragsteller muß also seinen Antrag erkennbar in der Absicht 
stellen, den Vertrag durch eben diesen Antrag in Verbindung mit der von der 
Gegenpartei zu äußernden Annahme rechtswirksam zustande zu bringen, so daß 
es, sobald die Gegenpartei wirklich angenommen hat, einer Rückäußerung seitens 
des Antragstellers nicht mehr bedarf. 
a) Demgemäß ist von dem echten „Antrage" zum Vertragsschluß die bloße 
„Einladung“ zum Vertragsschluß zu unterscheiden, bei der der Einladende 
lediglich einen unverbindlichen Vorschlag zum Vertragsschluß macht. Denn hier 
kommt der Vertragsschluß nicht schon dadurch zustande, daß die Gegenpartei 
ihre Zustimmung zu dem Vorschlage äußert, obschon doch hierdurch festgestellt 
zu sein scheint, daß beide Parteien über den Vertragsschluß einig sind; sondern 
es ist von seiten des Einladenden noch eine Rückäußerung nötig, die dahin geht, 
daß er mit der Zustimmung der Gegenpartei einverstanden ist; unterbleibt diese 
Rückäußerung, so ist der Vertragsschluß, obschon der Eingeladene gerade das 
getan hat, wozu der andre ihn einlud, gescheitert. Anders ausgedrückt: bei 
der Einladung zum Vertragsschluß hat die Rolle des Antragstellers nicht der 
Einladende, sondern, sofern er der Einladung Folge leistet, der Eingeladene, und 
der Einladende, der tatsächlich den ersten Anstoß zum Vertragsschluß gegeben 
hat, nimmt juristisch die Stellung des Antragsempfängers ein. 
J) Daß ein Vorschlag zum Vertragsschluß kein echter „Antrag“, sondern 
eine bloße „Einladung" ist, kann der Vorschlagende durch die Klauseln „frei- 
bleibend“", „ohne Verbindlichkeit“ u. dgl. ausdrücklich erklären. Es kann aber 
auch im Einzelfall so selbstverständlich sein, daß eine derartige Klausel ent- 
behrlich ist, insbesondre dann, wenn der Vorschlag erkennbar an eine so große 
Anzahl von Personen gerichtet wird, daß eine Annahme seitens sämtlicher 
Adressaten unmöglich dem Willen des Vorschlagenden entsprechen kann, oder 
wenn der Vorschlag so unbestimmt gehalten ist, daß der Vorschlagende sich 
offenbar noch eine spätere Ergänzung vorbehalten hat.
	        
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