220 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
schrift mit dem Namen, den die Partei im Leben tatsächlich führt, — sei es
mit dem Familiennamen, sei es mit dem Vornamen, sei es mit dem Pseudo-
nym, sei es mit der kaufmännischen Firma der Partei — geschieht?; eine
Unterzeichnung mit Handzeichen oder mit den Anfangsbuchstaben des Namens
genügt also nicht. Erforderlich ist endlich, daß die Unterschrift den Text der
Erklärung räumlich abschließt.¾ Dagegen schadet es nichts, wenn die Abgabe
der Unterschrift zeitlich vor der Herstellung des Textes der Erklärung er-
folgt ist; vielmehr kann eine schriftliche Urkunde auch in der Weise gültig zu-
stande kommen, daß jemand seinen Namen auf ein leeres Blatt Papier setzt
(„Unterschrift in blanco“) und erst nachträglich mit seinem Willen ein Text
über seinen Namen niedergeschrieben wird"; ebendeshalb unterliegt es auch
keinem Zweifel, daß die Partei, die ihre bereits unterschriebene Erklärung nach-
träglich korrigiert, nicht etwa ihre Unterschrift zu wiederholen braucht.
) Weiterer Formalien, insbesondre des Vorlesens der Urkunde, der Zu-
ziehung von Zeugen, der Beifügung eines Siegels, bedarf es nicht. Auch die
Verwendung von Stempelmarken ist — obschon sie in zahlreichen Fällen so-
wohl von Reichs= wie von Landesgesetzen unter Androhung von Strafen vor-
geschrieben ist — für die privatrechtliche Wirkung der Erklärung unerheblich.
2. Bei den vorstehenden Regeln verbleibt es auch dann, wenn die Partei
ihnen nur mangelhaft oder gar nicht nachzukommen vermag.
a) Demgemäß ist der Form der Schriftlichkeit genügt, wenn die Partei
ihre Unterschrift unter der von fremder Hand geschriebenen Erklärung irgendwie
zustande bringt, mag auch diese ihre Leistung äußerst unvollkommen sein.
Beispiele. I. 1. Die Partei hat das von ihr unterschriebene Schriftstück aus Bequem-
lichkeit gar nicht durchgelesen. 2. Sie ist der Sprache nicht mächtig, in der die Erklärung
abgefaßt ist. 3. Sie ist blind oder hat nicht lesen gelernt. II. Die Partei kann nicht
schreiben und hat ihre Unterschrift nur durch Nachmalen einer Vorlage vollzogen.
b) Umgekehrt: der Form der Schriftlichkeit kann unter keinen Umständen
genügt werden, wenn die Partei ihre Unterschrift unter der Erklärung nicht
einmal in mangelhafter Art leisten kann. Vielmehr ist in diesem Fall die
Schriftlichkeit der Erklärung durch gerichtliche oder notarielle Beurkundung oder
durch öffentliche Beglaubigung zu ersetzen (126 I, III).
3. a) Besondre Regeln gelten, wenn die schriftlich abzugebende Erklärung
empfangsbedürftig ist. Denn es ist, obschon das Gesetz die Frage schweigend
übergeht, anzunehmen, daß eine derartige Erklärung erst dann vollendet ist,
wenn sie in ihrer schriftlichen Gestalt mit dem Willen der Partei dem
Empfänger vorgelegt oder ausgehändigt wird. Die Folge ist, daß der Schrift-
2) Hölder S. 282; Goldmann 1 S. 157 16; Planck, Anm. 2 zu § 126; Endemann 1
§ 650. Abw. Lehmann a. a. O. S. 56.
3) Siehe RG. 61 S. 9.
4) REG. 57 S. 69; Rehbein 1 S. 156. Abw. Riezler, Arch. f. ziv. Pr. 95 S. 357.
5) Ebenso Zitelmann 1 S. 155 und (jedoch nur bei einseitigen Erklärungen) Gold-
mann 1 S. 159. Abw. Enneccerus S. 378; Hölder S. 283.