§ 61. Suspensivbedingungen. 239
schaft ist nicht bloß eine rein tatsächliche Hoffnung, wie sie etwa dem gesetzlichen
Erben einer noch lebenden Person in Ansehung des dereinstigen Nachlasses
dieser Person zusteht, sondern ist schon an sich ein Recht: sie ist gleichsam ein
„Vor-Recht“, das als Vorbereitung für das dereinstige, unbedingte „Nach-Recht"“
dient.3 Der Inhalt dieses Vor-Rechts ist der folgende.
a) Das Vor-Recht enthält stets eine Vertrauensmacht (oben S. 60): ins-
besondre kann der Vor-Berechtigte darauf vertraun, daß er bei Eintritt der
Bedingung das Nach-Recht erwirbt und daß ihm schon vorher gegebenenfalls
ein Anspruch auf Sicherheitsleistung erwächst.
6) Das Vor-Recht enthält ferner oft eine Bestimmungsmacht (oben S. 60):
insbesondre kann, wenn das Nach-Recht veräußerlich ist, auch der Vor-Be-
rechtigte das Vor-Recht veräußern.
) Das Vor-Recht enthält endlich nicht selten auch eine Anspruchsmacht
(oben S. 60): der Vor-Berechtigte kann nämlich unter gewissen Voraussetzungen
von der Gegenpartei eine Sicherheitsleistung fordern; dieser Anspruch kommt
zur Entstehung
ga) bei einer bedingten Forderung, wenn der Schuldner eine juristische
Person ist und sein Vermögen auf andre Personen übertragen will (52 II);
68) bei einer bedingten Forderung, wenn der Schuldner in Konkurs ver-
fällt und der Verwalter eine Verteilung vornehmen will; doch gilt, wenn die
Möglichkeit der Erfüllung der Bedingung eine so entfernte ist, daß die An-
wartschaft des Gläubigers auf die Forderung keinen gegenwärtigen Vermögens-
wert hat, der Anspruch auf Sicherstellung nur bei den Abschlagsverteilungen,
während bei der Schlußverteilung die Forderung unberücksichtigt bleibt (Konk-
Ordn. 67, 154);
5)) bei bedingten Rechten aller Art, wenn die allgemeinen Voraussetzungen
zur Anordnung eines Arrests oder zum Erlaß einer einstweiligen Verfügung
vorliegen; doch gilt auch hier eine Ausnahme, wenn die Möglichkeit der Er-
füllung der Bedingung eine sehr entfernte ist (8P. 916 I).
Beispiel. A. hat seine Gastwirtschaft einschließlich einer in dem Wirtschaftsbetriebe zu
seinen Gunsten entstandenen fälligen Forderung wider C. unter der ausschiebenden Bedingung
auf B. übertragen, daß dieser die vorgeschriebene Konzession zur Ubernahme der Wirtschaft
erhalten werde. Hier kann B. so lange, als er die Konzession nicht erhält, gegen den Schuldner
C. nichts unternehmen und muß es sich sogar gefallen lassen, daß A. selber gegen C. vor-
geht und die Forderung einzieht. Nur wenn ein Arrestgrund vorliegt, kann er gegenüber
A. und gegebenenfalls auch gegenüber C. gerichtliche Sicherungsmaßregeln beantragen.
b) Wenn die Bedingung erfüllt ist, ist aus dem bisherigen Vor-Recht das
fertige Nach-Recht geworden. Dabei zeigt es sich nun aber als praktisch höchst
erheblich, daß das Nach-Recht lediglich eine Fortsetzung oder Umbildung des
Vor-Rechts darstellt.
a Das Alter des Nach-Rechts wird nicht von dem Tage, an dem die
3) Enneccerus 1 S. 462.