§ 61. Rückbeziehung des Eintritts der Bedingung. Auflösende Bedingungen. 241
Nach-Rechts nur dann Platz, wenn sie dem erkennbaren Parteiwillen entspricht,
und gilt auch nur in obligatorischer, nicht in dinglicher Beziehung (s. 159).5
Wichtig ist die Zurückbeziehung insbesondre für die Frage, wem die Nutzungen
gebühren, die ein Recht, das aufschiebend bedingt veräußert ist, in der Zwischen-
zeit bis zum Eintritt der Bedingung bringt.
Beispiel. A. verkauft und übereignet dem B. eine trächtige Kuh unter der Bedingung,
daß sie die Beschwerden des Kalbens ohne Schaden übersteht; die Kuh wird dem B. sofort
übergeben, kalbt bei ihm und bleibt gesund. Hier ist Rückbeziehung anzunehmen; dem B.
gebührt also nicht bloß die Kuh, sondern auch das Kalb. Doch ist sein Recht auf das Kalb
nur obligatorischer Natur: obschon das Kalb dem B. „gebührt“, „gehört“ es doch zunächst
dem A.; denn zu der Zeit, da die Kuh kalbte, stand sie ja noch in A.s Eigentum (953).
e) Wenn die Erfüllung der Bedingung unmöglich wird, fällt das bedingte
Recht als solches, also die Anwartschaft auf das unbedingte Recht, fort. Alle
etwa in der Schwebezeit getroffenen Sicherungsmaßregeln sind nunmehr auf-
zuheben.
2. Die für die aufschiebenden Bedingungen geltenden Regeln zu 1 sind
analog auch auf die auflösenden Bedingungen anwendbar. Das hängt damit
zusammen, daß mit einer auflösenden regelmäßig auch eine aufschiebende Be-
dingung verbunden ist: das Recht, das jemand unter einer auflösenden Be-
dingung erwirbt, soll nämlich bei Erfüllung der Bedingung zugunsten einer
bestimmten Gegenpartei fortfallen, sei es, daß das Recht auf die Gegenpartei
einfach übergeht, sei es, daß durch den Fortfall des Rechts die Gegenpartei
von einer Last befreit wird. Die nämliche Bedingung, deren Erfüllung die eine
Partei mit dem Verlust ihres Rechts bedroht, verheißt also der Gegenpartei
einen Rechtsgewinn. So wirkt die auflösende Bedingung in der Tat gleich-
zeitig, vom Standpunkt der Gegenpartei aus gesehn, als aufschiebende Be-
dingung. Daraus ergeben sich die folgenden Regeln.
a) Solange die auflösende Bedingung nicht erfüllt ist, aber noch erfüllt
werden kann, besteht ein Schwebezustand. Währenddessen hat der Inhaber des
auflösend bedingten Rechts den Vollgenuß dieses Rechts, kann also das Recht
in seinem ganzen Umfang geltend machen. Nur in einer Beziehung ist er
schlechter gestellt als der Inhaber eines unbedingten Rechts: er muß dem In-
haber des entgegenstehenden aufschiebend bedingten Rechts Sicherheit leisten,
wenn er durch Ausübung seines eignen Rechts das Gegenrecht gefährdet. Die
näheren Bedingungen dieser Sicherungspflicht sind oben zu 1 a # genannt.
Beispiel. A. schenkt seinem Bruder B. eine Hypothek von 9000 Mk. unter der auf-
lösenden Bedingung, daß dieser seinen Plan, nach Amerika auszuwandern, nicht ausführt.
Hier steht dem auflösend bedingten Recht des B. an der Hypothek ein aufschiebend bedingtes
Recht des A. an der nämlichen Hypothek gegenüber; jenes steht unter der Bedingung, daß
B. nicht auswandert, dieses unter der Bedingung, daß B. auswandert; nun verfällt B.
in Konkurs. Hier kann sein Konkursverwalter die Hypothek kündigen und einziehn, wie er
will, muß aber dem A. gemäß der Regel 147) Sicherheit dafür bestellen, daß, wenn B.
schließlich doch auswandert, die Hypothek oder deren Wert an A. zurücksällt (s. KonkOrdn.
67, 66).
5) Enneccerus 1 S. 464; Leonhard S. 412; Rehbein 1 S. 237.
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. I. 16